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Wo ältere Arbeitnehmer willkommen sind und bleiben

Von Herbert Hutar

Wirtschaft

Voest-Grundsatz: "Älter werden heißt nicht abbauen, sondern umbauen."


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Wien. Das jüngste Pensionspaket zögert zwar das Pensionsantrittsalter um ein paar Jahre hinaus – dass Ältere auch länger in Beschäftigung bleiben, ist damit aber noch nicht gesagt. Trotz der Rehabilitationsprogramme, die das AMS anbietet, dürfte die Altersarbeitslosigkeit steigen, fürchtet Christa Mayrhuber, Arbeitsmarktexpertin im Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Es brauche eine neue Mentalität bei Arbeitnehmern, sagt Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal: "Jung, dynamisch, flexibel gilt immer noch als schick." Erst wenige Betriebe verabschieden sich vom Jugendkult, doch der Fachkräftemangel fördert das Umdenken.
Betriebe, die sich besonders um die Beschäftigung Älterer verdient machen, werden vom Sozialministerium mit dem Gütesiegel Nestor Gold ausgezeichnet, und die Sozialpartner betreiben eine Internetplattform (www.arbeitundalter.at), auf der für die Beschäftigung Älterer geworben wird.

Sabtours stellt über 50-jährige Busfahrer ein
Der Nestor-Preisträger Sabtours, Bus- und Reiseunternehmen in Wels, zählt schon länger auf die Älteren. "Wir nehmen ständig Menschen im Alter 50 plus auf, Busfahrer ebenso wie Sekretärinnen", sagt die Sabtours-Managerin Gabriele Vockenhuber. "Wir schätzen die Beständigkeit und das Pflichtbewusstsein der Älteren." Andererseits werden Busfahrer über 50 im Linienverkehr im fixen Turnusdienst eingesetzt und müssen nicht mehr als Springer Dienst tun, was ihnen Stress erspart. Und die Älteren melden sich auch gern als Schulungsfahrer, berichtet Vockenhuber. Das schaffe Wertschätzung: "Unsere Belegschaft ist ein Generationenmix."

Kika-Leiner: Fortbildung auch für Ältere
Neu mit dem Gütesiegel Nestor Gold versehen ist das Möbelhaus Kika-Leiner. Personalchef Manfred Monsberger hat beim Institut für Soziologie der Universität Wien eine Studie in Auftrag gegeben, die sich damit beschäftigt, wie es über 50-Jährigen im Betrieb geht und was sich Arbeitssuchende ab 50 in einem Handelsbetrieb erwarten. Umgesetzt werden bei Leiner Workshops zu generationenübergreifender Zusammenarbeit oder ein Mentoren-System, bei dem Ältere und Jüngere einander helfen: Der Ältere hat mehr Erfahrung mit Kunden, der Jüngere kann dafür in der Regel besser mit Computerprogrammen umgehen. Und – besonders wichtig – Ältere bleiben in den Fortbildungsprogrammen, "auch fünf Jahre vor der Pension", betont Monsberger.

Körperlich und durch Stress psychisch besonders gefordert sind die Monteure im Außendienst. "Ab 40 sollen sie sich Gedanken machen, wie lange sie das noch durchhalten", meint Monsberger. "Die meisten sind gelernte Tischler und besonders gut im Umgang mit den Kunden vor Ort, wenn dies oder jenes nicht auf Anhieb gepasst hat. Das sind gute Voraussetzungen für den Verkauf", sagt er, muss aber einräumen: "Viele haben in den Jahren im Außendienst ein gewisses Freiheitsgefühl entwickelt und können sich nur schwer eine Arbeit im Haus vorstellen", da müsse man beizeiten mit dem Umdenken beginnen. Der Leiner-Personalchef schätzt bei den Älteren die Liebe zur Sache und nennt als Beispiel eine ältere Schneiderin, die die heikle Arbeit des Vorhangnähens besonders gut beherrsche.

Sonnentor schätzt spezielle Kenntnisse
Der niederösterreichische Kräuterspezialist Sonnentor in Zwettl setzt ältere Mitarbeiter speziell nach deren Interessen und Kenntnissen ein, die sich im Lauf der Jahre im Betrieb entwickelt haben. Eine 57-jährige Mitarbeiterin hat ein außergewöhnliches Kräuter- und Gewürzwissen und nützt das im Außendienst bei der Kundenberatung, etwa bei der "Teebegleitung zum Essen". Ein anderer Mitarbeiter jenseits der 60 wiederum kann sich bei Betriebsführungen profilieren.

Voestalpine entwickelte spezielles Schichtmodell
Bei der Voestalpine wurde ein weniger anstrengendes Schichtmodell entwickelt, das die wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 auf 36 Stunden reduziert. Lohnkürzungen gibt es für jene, die sich dafür entscheiden, zwar nicht sofort, aber sie schneiden bei künftigen Lohnerhöhungen schlechter ab. Dazu stellt Arbeitsmediziner Helmut Csillag fest: "Nachtschichten belasten Menschen unter 40 um 56 Prozent mehr und über 45 um 100 Prozent mehr."
Begleitet werden die Schichtarbeiter von Informationsprogrammen, die ihnen helfen sollen, diese besonders belastende Arbeitsweise physisch und psychisch besser zu bewältigen. Das Motto: "Älter werden heißt nicht abbauen, sondern umbauen."

SMZ Süd stärkt Eigeninitiative
Als besonders belastend gilt der Pflegedienst, viele Frauen verlassen den Beruf vorzeitig. Das Sozialmedizinische Zentrum (SMZ) Süd in Wien richtet Ernährungs-und Bewegungsprogramme für das Pflegepersonal ein, lässt die Abteilungen selbst die Arbeitsorganisation reformieren, und im Bereich der Geriatrie fungieren ältere Pflegerinnen als Mentorinnen für Jüngere.
Ergonomisch bessere Betten wurden gekauft, denn Patienten umzulagern ist anstrengend. Das alles, "damit wir länger im Beruf bleiben können", so Betina Töltl, verantwortlich für Personalentwicklung im SMZ Süd.