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Wo Ausländer nicht kiffen dürfen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EuGH-Gutachter stützt Verbot von Hasch-Verkauf. | Urteil könnte Ende des Drogentourismus einläuten. | Brüssel/Luxemburg. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) könnte schon bald das Ende des Drogentourismus in Europa einläuten. Denn Generalanwalt Yves Bot stellte sich Ende der Woche hinter den Maastrichter Bürgermeister, der den Coffeeshops der Stadt verboten hatte, Marihuana und Haschisch an Personen zu verkaufen, die nicht in den Niederlanden ansässig sind. Weil "es sich bei Suchtstoffen einschließlich Cannabis nicht um irgendwelche Waren handelt", gelten für sie auch nicht die Grundfreiheiten des EU-Vertrags und insbesondere nicht die Dienstleistungsfreiheit, heißt es in Bots Rechtsgutachten. Das Verbot des Verkaufs an Ausländer sei darüber hinaus geeignet, "um die öffentliche Ordnung vor Störungen durch den Drogentourismus zu schützen."


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Denn in das holländische Grenzstädtchen ziehe es wegen der 14 Coffeeshops rund 10.000 Besucher pro Tag, erklärte der Bürgermeister. 70 Prozent davon seien nicht in den Niederlanden ansässig. Als Pilotprojekt wurde daher der Verkauf von Cannabis an Ausländer verboten. Bei zwei Razzien im Coffeeshop "Easy Going" fanden Polizisten aber sehr wohl Kunden aus den Nachbarländern vor und schlossen das Etablissement für einige Monate.

"Easy Going"-Betreiber Marc Josemans klagte daraufhin beim Niederländischen Staatsgericht, dass das Maastrichter Verkaufsverbot gegen die Warenverkehrsfreiheit und das Diskriminierungsverbot in der EU verstoße. Letzteres verbietet die Ungleichbehandlung von EU-Bürgern aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft. Der Fall wurde zur Klärung an den EuGH verwiesen.

"Nicht erklärbar"

Generalanwalt Bot lässt es in seinem Gutachten nicht an Klarheit fehlen, warum die üblichen EU-Regeln nicht anwendbar seien: Überall in der EU ist der Handel mit Drogen einschließlich Cannabis verboten. Das niederländische System der Duldung des Vertriebs trotz gesetzlichen Verbots sei "rechtlich gesehen praktisch nicht erklärbar". Zweck der Coffeeshops sei es, Cannabis zu kaufen und zu konsumieren und nicht Getränke und belegte Brote zu sich zu nehmen.

Folgte man der Argumentation des Klägers, "würde der Drogenhandel dank der Ausübung der Grundfreiheiten zu einem rechtmäßigen Verhalten", warnt Bot. Zudem könne Drogentourismus die organisierte Kriminalität anheizen und sogar die innere Sicherheit der EU gefährden.

Folgen die Luxemburger Richter der Rechtsmeinung des Generalanwalts, was sie in vier von fünf Fällen tun, könnte das Maastrichter Beispiel in den Niederlanden Schule machen.