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Wo bleibt die Steuerreform, die den Namen auch verdient?

Von Bruno Rossmann

Gastkommentare
Bruno Rossmann ist Klubobmann der Liste Jetzt.

Aktuelle Reformpläne lassen wichtige Strukturänderungen vermissen.


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Monatelang wurde über das Volumen der Steuerreform berichtet - Details blieben bis zuletzt aus. Dennoch gab der Finanzminister für die Werbekampagne rund 700.000 Euro aus. Nun kündigte er eine Erhöhung des Entlastungsvolumens auf 6,5 Milliarden Euro an. Ermöglicht werde dies durch "Sparen im System". Das ist grotesk. Meine parlamentarische Anfrage zeigte, dass es das "Sparen im System" schlichtweg nicht gibt. Es ist nicht mehr als ein PR-Gag. Ohnehin dürfte die spontane Erhöhung einzig im Entgegenkommen gegenüber den Großkonzernen begründet sein, denn die Senkung der Körperschaftsteuer auf 21 Prozent kostet 1,7 Milliarden Euro.

Eine Steuerreform muss jedoch an den Strukturschwächen unseres Abgabensystems ansetzen, also an der zu hohen Belastung des Faktors Arbeit, der zu geringen Besteuerung von Vermögen und dem niedrigen Ökologisierungsgrad. Demnach müssen Steuern auf Arbeit gesenkt und zur Gegenfinanzierung Steuern auf Vermögen erhöht und CO2-Steuern eingeführt werden - aufkommensneutral.

Oberstes Ziel der Regierungspläne ist ersten Ankündigungen zufolge die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, über eine Senkung der Krankenversicherungsbeiträge und eine Tarifsenkung. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch wird die Verteilungswirkung nach Vorliegen der Details genau zu prüfen sein. Die Gegenfinanzierung bleibt nach den jüngsten Ankündigungen diffus. Schon vor der Erhöhung des Entlastungsvolumens betrug die Finanzierungslücke im Endausbau mehr als 2 Milliarden Euro, nun sind es also 4 Milliarden. Es ist zu befürchten, dass die Steuerpflichtigen über Ausgabenkürzungen einen erheblichen Teil der Steuerentlastung selbst zahlen: Steuererhöhungen und neue Schulden sind tabu.

Zu Strukturänderungen in ökologischer Hinsicht fehlt die Bereitschaft der Regierung. Trotz der Erderhitzung wird es keine ökosoziale Steuerreform geben, obwohl allein auf nationaler Ebene ein Volumen von 8 bis 10 Milliarden Euro möglich wäre. Die Einnahmen aus einer CO2-Steuer müssten wieder an Haushalte durch eine Klimadividende und an Unternehmen durch Lohnnebenkostensenkungen zurückfließen. Schweden hat gezeigt, dass CO2-Steuern möglich sind und kein Wirtschaftshemmnis darstellen.

Weiteren Spielraum zur Entlastung von Arbeitseinkommen würde die Verschiebung der Steuerlast hin zu Vermögen bringen. Doch die Regierung schließt trotz extremer Ungleichverteilung der Vermögen Stellschrauben wie die Erbschafts- und Grundsteuer dezidiert aus.

Es bräuchte schließlich radikale Vereinfachungen des Abgabensystems. Durch die Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen bei der Lohnsteuer und den Sozialversicherungsbeiträgen - Stichwort integrierter Tarif - und dem daraus resultierenden Wegfall von Freibeträgen und Ausnahmebestimmungen würde sich ein erhebliches Potenzial für administrative Einsparungen sowie für eine stärker umverteilende Steuerentlastung ergeben. Kurzum: Die große Chance auf überfällige Strukturreformen und radikale Vereinfachung wird einmal mehr vertan.

Bruno Rossmann ist Klubobmann der Liste Jetzt.

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