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Wo der Doppeladler heute nistet

Von Gerhard Stadler

100 Jahre nach Republiksgründung: Eine pro-monarchische Kundgebung vor der Prager Burg am 28. Oktober 2018 (rechts Wenzel von Böhmen).
© G. Stadler

Wie in den Nachfolgestaaten der einstigen Donaumonarchie die Erinnerung daran wachgehalten wird. - Eine Rundreise.


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Nach 1945 bzw. dem Ende des Kommunismus in Ostmitteleuropa trat in den dreizehn Staaten, auf die nun das Gebiet der Donaumonarchie aufgeteilt ist, in der Wahrnehmung ihrer Zeit unter Habsburgs Krone(n) ein entscheidender Wandel ein: Sie wurde, mit Nuancen, anerkannter und gewerteter Teil der jeweiligen nationalen Geschichte und wirkt so auch auf die Gegenwart. Im Folgenden soll der heutige Konnex all dieser Staaten zu dieser Ära skizziert werden, wenngleich nur mit wenigen Bespielen und aus subjektiver Erfahrung.

Kaiserfest & Museen

Die Tschechoslowakei war 1918 der gegen die Monarchie am negativsten eingestellte Staat und auch die neue Republik Österreich stand der ČSR nach dem erfolglosen Bemühen um den Erhalt der sudetendeutschen Gebiete ablehnend gegenüber. Aber sie war auf Kohlelieferungen angewiesen und unsere Regierung musste 1921/22 in Prag darum bitten.

Seit 1989 hat sich in der Tschechischen Republik die Anschauung über die Monarchie geändert und ist von negativer Tendenz frei. Indizien dafür sind zahlreiche neue historische Arbeiten, die gerade laufenden Ausstellungen über das Jubiläum der Staatsgründung, die Diskussion über das Wieder-Aufstellen des monumentalen Denkmals für Wenzel Radetzky im Zentrum Prags - und ein jährlich in Brandýs (Brandeis) mit offiziöser Teilnahme stattfindendes "Kaiserfest", bei dem heuer sogar ein Erzherzog anwesend war. "Kaiser" ist dort Karl I., nicht František Josef, dem man wegen seiner Verweigerung der böhmischen Königskrönung weiter distanziert gegenübersteht. Die Zahl von etwa 250 Schlössern und Museen, in denen Reminiszenzen an die Monarchie zu besichtigen sind, wird in Österreich nicht erreicht.

In Österreich gab es nach 1950 zwei Tendenzen: die populär-kulturelle, mit Landesausstellungen, an die gute alte Zeit erinnernden Filmen wie "Sissi", "Die Deutschmeister" und später "Radetzkymarsch", und die offizielle, innenpolitisch heftige und rechtliche Auseinandersetzung, die zu mehreren höchstgerichtlichen und Regierungsentscheidungen führte; erst 1966 konnte Otto Habsburg-Lothringen einreisen. Die heutige Rechtslage kann so umrissen werden, dass die Landesverweisungen totes Recht sind, die Enteignungen 1919 aufrecht bleiben, doch könnte ein Mitglied der Familie Habsburg-Lothringen zum Bundespräsidenten gewählt werden.

2011 war die Beisetzung Ottos in der Kapuzinergruft kein politisches Ereignis mehr, sondern eines der Medien, die historischen Themen breiten Raum widmen. Die Erinnerung an die Monarchie ist uns heute Achtung, vielleicht sogar Stolz; auch historische Folklore: die jährlichen Kaiserfeste in Bad Ischl; Schloss Schönbrunn ist eine der zehn meistbesuchten UNESCO-Weltkulturerbestätten Europas und eine der wenigen ohne Subventionen. Von Österreich aus wurde die Seligsprechung Kaiser Karls betrieben und 2004 erreicht, militärische Traditionsverbände konnten 1998 zur Erinnerung an den Sieg Admiral Tegetthoffs auf der Insel Vis eine Replik des "Löwen von Lissa" aufstellen, mit Hilfe der kroatischen Kriegsmarine.

Das Gebiet des heutigen Kroatiens war zwischen beiden Reichshälften geteilt, weswegen Ende Oktober 1918 ohne Vorbereitung der Beitritt zu Serbien aus dem Gebot der Stunde erfolgte, die Besetzung der Küste durch Italien befürchtend. Kroatien fand sich in einem anderen Vielvölkerstaat, dem "Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen" (SHS). Auf die Diskriminierung durch die Serben wird mit Terror bis zum Königsmord (Alexander von Serbien, 1934) reagiert. 1941-45 ist Kroatien Vasallenstaat des Deutschen Reiches, bis es, von Titos Partisanen besiegt, wieder in Jugoslawien aufgeht. Im Separationskrieg anerkennt Österreich im Jänner 1992 als einer der ersten Staaten die Unabhängigkeit Kroatiens.

"Car Franza Josefa"

Das hat es in der Donaumonarchie  nicht gegeben, aber heute: Die  damals "Lungomare"genannte Uferpromenade von Abbazia ist nun zu Ehren von Kaiser Franz Joseph benannt …
© Stadler

Vielleicht auch deswegen hat sich das Verhältnis so gut entwickelt: Österreich ist einer der größten Investoren im Land, die Zahl der familiären Beziehungen hoch und die Integration der seinerzeitigen Flüchtlinge war problemlos; es ist eines der beliebtesten Urlaubsländer, Brač ene Insel vieler Zweitwohnsitze. Mit der habsburgischen Geschichte hat sich Kroatien ausgesöhnt - sein Banus Jellačić hatte bei der Niederschlagung der Revolution 1848/49 den Habsburgern den Thron gerettet; den erhofften Dank, die Lösung Kroatiens von der ungarischen Oberhoheit, erhielt er nicht. Deswegen stand man Franz Joseph reserviert gegenüber - doch nun trägt Opatijas Wahrzeichen, die Uferpromenade, den Namen Car Franza Josefa.

Von Montenegro - der Fjord von Cattaro/Kotor war Stützpunkt der k.u.k. Marine und die Revolte ihrer Matrosen im Feber 1918 ein Zeichen des bevorstehenden Endes - lässt sich in unserem Zusammenhang darauf hinweisen, dass in Cetinje das k.u.k. Gesandtschaftsgebäude und ein von der k.u.k. Besatzung geformtes topographisches Modell dieses Landes der Schwarzen Berge zu seinen größten Sehenswürdigkeiten gehören, und dass der nach Wien benannte Badeort Bečići bei Österreichern gleich beliebt ist wie bei Russen. Die Gräber der 1918 hingerichteten k.u.k. Matrosen sind nur schwer zu finden.

Bosnien-Herzegowina, seit 1992 unabhängig, ist, wie die Wahlen vom Oktober 2018 wieder zeigten, weiter in der nationalen Gegnerschaft der Ethnien erstarrt. Dass Gemeinsames Trennendes überwindet, muss erst gelebt werden. Seinerzeit wurde Bosnien-Herzegowina von Österreich und Ungarn als einziges Gebiet gemeinsam verwaltet, und der Landeschef hatte ähnliche Probleme mit den drei Nationalitäten und Religionen. Und trotzdem spricht man noch heute in Sarajevo von dieser guten alten Zeit.

Sehnsuchtsort Wien

Wien ist Sehnsuchtsort vieler junger Emigrationswilliger, und in den Städten glänzen die ärarischen Bauten aus der Monarchie wie neu; nach den Zerstörungen im Bürgerkrieg wurden sie aufwendig renoviert. Das Konzert der Wiener Philharmoniker am 28. Juni 2014 im alt-neuen Rathaus von Sarajevo, dem auch unser Bundespräsident beiwohnte, war sicher eine Geste, die zum Vergessen des an diesem Ort vor einhundert Jahren Geschehenen beitrug (das neue, privat errichtete Denkmal für Gavrilo Princip ist im serbischen Teil von Sarajevo so versteckt, dass man es kaum findet).

In Serbien - heute wieder kleiner als 1914 - ist Peter Handke der bekannteste Autor deutscher Sprache, war er doch der Einzige, der während der Separationskriege für Serbien Partei ergriff. Von Ungarn wurde dem SHS-Königreich 1919 die Klösterlandschaft der Fruška Gora zugesprochen (wo während der türkischen Besetzung Serbiens die Habsburger den Orthodoxen Zuflucht und Bildungsstätten boten), und Teile der Batschka und des Banats. Erinnerungsorte sind die zur Gänze konservierte Festung Peterwardein in einem Donauknie, 1716 Siegesort des Prinzen Eugen - heute heißt das Hotel in der Festung nach Kaiser Leopold I. - und die Straßendörfer in der schier endlosen Ebene zwischen Theiss und Donau, unter Maria Theresia gegründet und bis 1945 von "Schwaben" bewohnt.

Doch Menschen werden sie in ihnen kaum mehr finden, nur verfallende Häuser, Kirchen und Friedhöfe, mit noch entzifferbaren deutschen Inschriften. Geschichte ist zu Ende gegangen.

Im rumänisch gewordenen Teil des Banats ist es etwas besser - gewesen. Doch nun sind die letzten der "Schwaben" Greise oder nach Deutschland übersiedelt; die Kirchenburgen, in denen oft Gemälde an die Stifterin Maria Theresia erinnern, bloß notdürftig instand gehalten. Brücken zur Vergangenheit gibt es nur mehr wenige: etwa die evangelische Landlergemeinde von Neppendorf bei Hermannstadt/Sibiu, oder Lenauheim, Geburtsort von Nikolaus Lenau, mit seinem Heimatmuseum. Zwar sind nach Timisoara (Temesvár) und Sibiu, in der Monarchie Zentrum der Siebenbürger Sachsen, Deutschsprachige neu zugewandert, auch aus Österreich. Es sind Mitarbeiter von Firmen, die hier Produktionen aufbauen oder betreuen, oder Agrarier, die fruchtbare Flächen gekauft haben und deren Früchte zu uns exportieren. Ihre Kinder gehen in die deutschsprachigen Schulen, die es noch gibt, und sie in die selten noch deutschsprachigen Vorstellungen der Stadttheater. Doch nach einigen Jahren kehren sie zurück oder ziehen als moderne Nomaden weiter in die nächste "duty station".

Wenn sie bei Kronstadt/Brasov die Burg Bran besichtigen, erfahren sie nicht nur etwas über Graf Dracula, sondern auch einiges über die Habsburger der Toskana-Linie: 2006 wurde die Burg Dominic von Habsburg-Lothringen restituiert; seine Mutter war eine rumänische Königstochter.

Ungarn war 1919 der größere Verlierer: Es verlor zwei Drittel seines Königreiches, in Teilen Siebenbürgens und am nördlichen Donauufer mit geschlossener ungarischer Besiedlung. Das kam unerwartet und ohne Rechtfertigung historischer Grenzen. Formell blieb Ungarn Königreich, und einige Habsburger-Erzherzöge im Land. Die ČSR und der SHS-Staat waren argwöhnisch, dass Ungarn Verbündete zur Rückeroberung verlorener Gebiete suche. Im Zweiten Weltkrieg schlägt es sich auf die deutsche Seite und erhält kurzfristig in den "Wiener Schiedssprüchen" große Teile der abgetretenen Gebiete; 1945 muss es wieder zum Gebiet von 1919 zurückkehren.

Dem zum Trotz können Ungarstämmige der Nachbarstaaten nun die Staatsbürgerschaft erwerben - wogegen Kiew, Belgrad, Bukarest und Bratislava protestieren. Wenn in Ungarn heute auf die nationale Vergangenheit verwiesen wird, meint man nicht die habsburgische, sondern jene Könige, die, beginnend mit Stephan dem Heiligen Ungarn nach 1000 bis zur Adria ausdehnten. Von den Habsburgern wird nur Elisabeth geehrt, in Schloss Gödöllö lebt ihr Mythos.

Slowenen und Slowaken traten in der Monarchie kaum als aktive Politiker auf und gingen Ende 1918 mit den Kroaten bzw. Tschechen in neue Staaten - wobei der Flugzeugabsturz von General Štefánik, Promotor der slowakischen Unabhängigkeit und Anhänger Masaryks, am 4. Mai 1919, bis heute Rätsel aufgibt. Für die Slowaken ist er Märtyrer, sein monumentales Grab liegt in den Kleinen Karpaten, 50 km östlich von Hohenau.

Erst 1993 wurde die Slowakei unabhängig, Slowenien 1991. Danach haben beide Staaten rasch in die EU gefunden, mit solidem Wirtschaftswachstum. In der Slowakei gibt es im Schloss Topol’čianky mit seinem Lipizzanergestüt Erinnerungen an die Habsburger. Im Norden Sloweniens erinnert man uns mit einem "Jaz sem Štajerz" öfters daran, dass man von 1335 bis 1918 und bis südlich von Cilli/Celje Steirer war. Mit Österreich verträgt man sich besser als mit Kroatien, wo Streitfälle über das gemeinsame AKW Krsko und die Grenze in der Bucht von Koper offen sind. Stolz ist Slowenien darauf, dass es 1917 gelungen ist, die Italiener vom Isonzo zu vertreiben - Stellungen und Straßen von damals werden für die Touristen wieder aufgebaut, Jugendstil-Kriegskirchen restauriert. In der Grenzziehung hat sich das erst nach 1945 niedergeschlagen, leider ohne Trst/Triest. Aber dafür ist der slowenische Hafen Koper heute umschlagstärker als Triest.

Italien ging wegen "Trento e Trieste" 1915 in den Krieg, erhielt es nach dem Waffenstillstand und dazu noch, bis 1945, Teile der östlichen Adriaküste. Wer heute entlang der Triestiner "Ringstraße am Meer" spaziert, fühlt sich wie in Wien; die Triestiner, bis heute im italienischen Abseits lebend, sprechen mit Wehmut über jene Vergangenheit. Ein "Movimento civiltà mitteleuropea" ist von Cividale bis Gorizia aktiv, Brücken zum alten Vaterland zu wahren.

Dass am Passo di Vezzena an der ehemaligen Reichsgrenze im Trentino, bei einer wiedererrichteten Kriegskirche, die österreichische neben der italienischen Fahne weht, ist ein Zeichen der Änderung der historischen Wahrnehmung in Italien.
© Stadler

Mehr in der Gegenwart scheinen die Provinzen Bozen und Trento zu leben: Mit der Erringung der Autonomie für beide Provinzen (1992) und für die Region hat man sich von Rom möglichst emanzipiert und lebt zweisprachig in einer eigenen kleinen Welt des Wohlstandes mit nun besten Beziehungen zu Rom, Wien und München. Vergangenheit lebt in den Schützenkompanien - und für Bergsteiger und Mountainbiker, für die in den Frontbergen und Festungs-Rayons des Weltkrieges Routen und Steige rekonstruiert, markiert und in Büchern beschrieben wurden, beiden damaligen Armeen gleichen Raum gebend. Wir müssen anerkennen, dass es heute zwei Tirol gibt, die gleich an der Vergangenheit teilhaben - wie 2019 die Veranstaltungen zum 500. Todestag von Kaiser Maximilian wieder zeigen werden.

Bleibt ein Blick nach Galizien, oder im Heute sprechend, nach Polen und der Ukraine, auf die dieses einst flächenmäßig dem heutigen Österreich gleiche, größte Kronland aufgeteilt ist. Der damals den k.k. Statthalter dort belastende ethnische Konflikt zwischen Polen und Ruthenen (= Ukrainer) wurde erst 1945 mit der "Westverschiebung" Polens politisch beendet, mit der Grenze östlich von Przemysl. In dieser Stadt ist die Monarchie noch "spürbar", war sie doch deren größte Festung. Da sie von den Russen im Winter 1914/15 ausgehungert wurde und danach kapitulierte, sind die Festungswerke in ihrer Monumentalität noch halbwegs erhalten und bilden, gemeinsam mit den Kirchen dreier Bekenntnisse, eine Sehenswürdigkeit am San-Fluss jenseits der Karpaten.

In Krakau gibt es mehr Erinnerungen an ältere Königsgeschlechter, etwa die Jagellonen, als an die Habsburger - obwohl der Wawel eine ihrer Residenzen war. In ganz Polen hat man an Österreich positive Erinnerungen, war es doch von den drei Fremdherrschaften im 19. Jahrhundert die mildeste. Und wir sollten vor den in Polen vielerorts zu findenden Denkmälern von König Jan III. Sobieski daran denken, dass er Wien vor den Türken rettete, 1683.

Den "Mythos Galizien" finden wir heute weniger in Polen als in der Westukraine: Warum ist für Wiener die ostgalizische Ebene zwischen Lemberg (L’viv) und Czernowitz (Tscherniwzi) bis heute so interessant? Wenige waren dort, doch viele kennen die Bücher von und die Filme nach Joseph Roth, Georg Trakls Gedicht "Grodek", Geschichten über die jiddischen Städtel, erinnern sich, dass in der Biographie der Hörbiger steht, dass Attila im von Fellner & Helmer erbauten Theater von Czernowitz 1919 (fast) sein Theaterdebüt gehabt hätte oder Joseph Schumpeter dort Universitätsprofessor war - oder weil es jene Region ist, in der das Leben heute dem vor einhundert Jahren am ähnlichsten ist, abgesehen vom Lärm, der Vielsprachigkeit und der Farbe der Uniformen?

EU statt Monarchie

Im damals multikulturellen Lemberg kommt noch dazu, dass es schon eine Großstadt war, deren Bauten und Boulevards man noch anmerkt, dass es Wien nacheiferte. Wer heute das Leben der Menschen dort beobachten kann, versteht, dass sie, wie 1910, von Besuchen in Wien oder Arbeiten im Westen träumen. Damals hatte diese Vision Chancen. Heute müssen wir konstatieren, dass es noch lange Traum bleiben wird. Die Westukrainer tragen das Schicksal, an einer tief greifenden Grenze zu leben, doch auf der Seite, an der ihr Los mit dem eines Staates verbunden ist, der seinen Platz in unserem Jahrhundert noch sucht.

Ein Resümee nach diesem Rundblick? Was die Donaumonarchie einst war, ersetzt, bis auf den Westbalkan und die Ukraine, wirtschaftlich die EU. Die Nationalitätenkonflikte von damals sind soweit beendet. Aber die noch bestehenden Lücken zu schließen, wird noch lange dauern, wie gerade die jüngsten Ereignisse um Bosnien, Serbien und die Ukraine zeigen. Verloren ist die deutsche Sprache als Lingua franca für 50 Millionen Menschen, verloren haben die Donau und die Eisenbahnen als umweltschonende Verkehrsnetze.

Die Erinnerung an den Doppeladler bleibt. Wer heute davon oder über die Habsburger spricht, erhält meist anerkennende und nie mehr hasserfüllte Reaktionen; wer sich als Österreicher zu erkennen gibt, wird auf die gemeinsame Historie angesprochen und kann selbstbewusst antworten. Unsere Kenntnis der Region hat uns neben der Neutralität sicher geholfen, in Mitteleuropa wieder eine Rolle zu spielen, wirtschaftlich, und politisch als Ort der Begegnung. Realität ist die nationale und kulturelle Pluralität Österreichs, aber vielgestaltiger, als sie die Deutschen der Monarchie seinerzeit so bekämpft haben. Dass unser Pflegesystem ohne Kräfte aus einigen der aufgezählten Staaten zusammenbrechen würde, ist hier freilich auch zu erwähnen. Was Österreich verloren hat, ist die Attraktivität Wiens als "Wahlheimat der Genies" und die Deutungshoheit über die Geschichte.

Gerhard Stadler, Sektionschef i.R., hat von 2000 bis 2018 alle Gebiete der Donaumonarchie bereist, z.T. mit Reisegruppen "auf rotweißroten Spuren", und darüber publiziert.

Zum Thema "100 Jahre Republik" erscheint am 9. November ein "Wiener Journal" und am 10. November eine 8-seitige Sonderausgabe der "Wiener Zeitung".