Wo kann man in Mitteleuropa Kegelrobben, Schwarzstörche, Steinböcke oder Haubenkraniche in freier Wildbahn bewundern, ohne das Land zu verlassen? In 14 deutschen Nationalparks.
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Wer einmal die Myriaden von Wurmhäufchen im Wattenmeer gesehen hat, wird die fleißigen Wattwürmer nur noch bewundern: Sie filtern aus dem Sand organische Stoffe heraus; ein einziger Wurm wälzt auf diese Weise nicht weniger als 25 Kilo im Jahr um. Wer 200.000 Eiderenten bei der Mauser beobachten will: Dies alles ist zu besichtigen in einem der drei Nationalparks an der deutschen Nordseeküste.
Wer sich einen Rundflug über den Grand Canyon nicht leisten kann, dem bietet sich eindrucksvoller Ersatz in den Schluchten, Schattenhangwäldern und bizarren Sandsteinfelsen der Sächsischen Schweiz.
Hundert Seen in der von Gletschern geschaffenen Landschaft verzaubern den Besucher des Nationalparks Müritz in Mecklenburg-Vorpommern. Zu Tausenden nisten die flinken Mehlschwalben in den Kliffs der Jasmunder Kreidefelsen auf der Insel Rügen.
Der Senior unter den deutschen Nationalparks ist der Bayerische Wald in seiner wunderbaren Vielfalt. Zwar bildet der Mischwald aus Fichten, Buchen und Tannen den größten Teil des seit 1970 bestehenden Parks, aber man findet dort auch Hochmoore, Hochweiden und Moorseen; ebenso vom Aussterben bedrohte Tierarten wie beispielsweise Luchs, Auerhuhn, Wanderfalke, Schwarzstorch, Wildkatze oder Fischotter.
Nationalparks sind ein Paradies für Liebhaber der (möglichst) unberührten Natur: Eisklare Bergbäche oder dampfende Flussauen, karge Blockhalden oder fette Almweiden, ruhige Seen oder stürmische Brandungen an der Kreidesteilküste, Salzwiesen, Sandbänke und Dünen oder wärme- und trockenheitsliebende Wälder, riesige Buchenwälder oder Röhrichte, Riede und Moore, Steppenrasen oder atlantisch geprägte, bodensaure Buchenmischwälder - die Fülle charakteristischer und verzaubernd eindrucksvoller Landschaftsformen und Biotopen ist enorm.
Deutschland ist dicht besiedelt, etwa sechsmal dichter als der Weltdurchschnitt. Die Siedlungs- und Verkehrsflächen nehmen täglich (!) um rund 100 Hektar zu. Große zusammenhängende, nicht zerschnittene Naturräume werden immer seltener. Dem will man auch in Deutschland durch besonders strenge Schutzvorschriften Einhalt gebieten, damit auch künftige Generationen die Schönheiten genießen können und bedrohte Tier- und Pflanzenarten ein Refugium finden. Freilich stoßen im Industrieland Deutschland die Interessen gerade hier hart aufeinander. Landwirtschaft und Tourismus, Verkehr und Siedlungsbau sind nicht immer begeistert, wenn man die Kernzonen der Nationalparks praktisch "zusperrt" und die Natur sich selbst überlässt.
Deshalb gibt es auch die sogenannten Pufferzonen, wo man nicht gleich Bußgelder zahlen muss, wenn man vom rechten Weg abgekommen und von einem der hunderten Ranger dabei erwischt worden ist. Und am Rande noch die "Entwicklungszonen", die sich erst langsam an den neuen Status als Park gewöhnen dürfen.
Fast so vielfältig wie die Landschaften sind daher die unterschiedlichen Schutzgrade: Nationalparks, Naturschutzgebiete, Nationale Naturmonumente, Biosphärenreservate, Landschaftsschutzgebiete und Naturparks. . .
Dennoch: Obwohl nur ein Viertel der Bevölkerung Nationalparks aus eigener Anschauung kennt und obwohl zwei Flächenländer, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, noch gar keinen Park haben, besuchen jährlich mehr als 50 Millionen Menschen diese "Inseln der Wildnis", bringen mehr als zwei Milliarden Euro in die Kassen und geben rund 70.000 Menschen Arbeit. Nationalparks sind also nicht nur schön, sondern auch lukrativ.