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Wo die Weltelite Schlange steht

Von Christiane Oelrich

Wirtschaft

Zum Weltwirtschaftsforum in Davos treffen sich jedes Jahr im Jänner ein paar Schöne, viele Reiche und reichlich Politiker. 1.000 der mächtigsten Wirtschaftsbosse der Welt können für ein Entgelt | von 8.800 Schweizer Franken (rund 75.000 Schilling) sechs Tage aus einem reichhaltigen Programm schöpfen.


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Jeder Wachstumsmarkt, jede Wirtschaftskrise der Welt, wird im noblen Schweizer Wintersportort von illustren Rednern beleuchtet.

Doch der vielbeschworene Geist von Davos steht nicht am Rednerpult. Er schleicht durch Hotellobbies und die Bars in Davos, zeigt sich in Zubringer-Bussen oder Warteschlangen vor den Bergbahnen und

dem Kongreßzentrum. Dort treffen Davos-Pilger unverhofft Wim oder Hans, Jacques oder Mary, und könne sicher sein: Hier tobt die Weltelite und man selbst ist mittendrin.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, Hans Tietmeyer von der Bundesbank, EU-Kommissionspräsident Jacques Santer und die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson,

weisen sich in Davos wie alle anderen durch eine Plastikkarte aus, die jeder um den Hals trägt. Ohne Karte kein Einlaß - und Anstehen wie im richtigen Leben ist für viele hier ein ganz besonderer

Reiz.

Die Wichtigen und Großen dieser Welt behaupten fest, sie würden das genießen. Sie rühmen die Davoser Ungezwungenheit. Sie beschere spontane Kontakte und Gesprächspartner, die andernorts nur mühsam zu

bekommen wären. Das sei der Geist von Davos, der jedes Jahr wieder die globale Wirtschaftselite anlockt.

Im Wust der Prominenz geht so manche VIP unter, die zu Hause auf Schritt und Tritt von Assistenten begleitet und Gesprächspartnern bedrängt wird. Diese plötzliche Isolation in der Menge ist für

manchen Gast in Davos gewöhnungsbedürftig. Ihnen ist dann die Erleichterung anzumerken, wenn sie doch einmal von Reportern erkannt werden. Bis das Forum am Dienstag zu Ende geht, ist die Pelz- und

Juwelendichte auf den Davoser Straßen enorm. Manche Manager bringen ihre Frauen mit, um die Konferenz zum angenehmen Gesamterlebnis zu gestalten. Das wissen die Organisatoren. Konzerte und Empfänge,

Slalomwettbewerbe und Pferdekutschenfahrten, selbst zünftiges Raclette-Essen auf der Alphütte gehören zum Programm. Beim Galadinner zeigt sich dann ein kleines Manko: Es herrscht akuter Damenmangel.

Nach den Recherchen einer Lokalzeitung haben in der Forumswoche daher die Eskortdienste für diskrete Begleiterinnen Hochkonjunktur.

Das Treffen in Davos wird seit 1971 vom Weltwirtschaftsforum veranstaltet. Die Organisation hat sich den Dialog zwischen Wirtschaft und Politik auf die Fahnen geschrieben, um Weltprobleme lösen zu

helfen. Neben dem Jahrestreffen veranstaltet das Forum zahlreiche Regionalkonferenzen in aller Welt und veröffentlicht Studien zu aktuellen Problemen der Weltwirtschaft.