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Kotproben geben Aufschluss, wo Jaguare leben und wovon sie sich ernähren. Das dient dem Artenschutz.
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Austin/Wien. Ob Schneeleopard, Löwe oder Tiger: Großkatzen sind vom Aussterben bedroht. Auch der Jaguar steht auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN, die gefährdete Arten registriert. Über den heutigen Lebenraum der drittgrößten Raubkatze der Welt war bisher wenig bekannt. Das Naturhistorische Museum Amerikas in New York will das ändern. Panthera onca, so der lateinische Name für den Jaguar, ist die einzige Großkatze, die auf dem amerikanischen Kontinent zu Hause ist. Das Tier, das es auf eine Körperlänge von bis zu 185 Zentimetern bringt, war einst von Südamerika bis nach Kalifornien, New Mexico, Arizona und Texas verbreitet. Heute soll es nur noch in Mittel- und Südamerika vorkommen. "Wir gehen davon aus, dass es Jaguare früher in ganz Amerika gab. Doch je mehr sich der Mensch ausbreitet, desto kleiner und isolierter wurden die Populationen", sagt George Amato vom Institut für Vergleichende Genomik des Museums.
Der Mensch, der an der Spitze der Nahrungskette steht, ist eine Bedrohung für den Jaguar. Die Großkatze ernährt sich von größeren und kleineren Tieren. Sie wiederum werden aus ihrem Lebensraum von Siedlungen, Straßen und von der Landwirtschaft verdrängt. Somit entziehen wir dem Jaguar die Nahrungsgrundlage.
Um herauszufinden, wie zahlreich Raubkatzen in ihren Verbreitungsgebieten sind, hat die in Wien geborene Genetikerin Claudia Wultsch vom American Natural History Museum eine neuartige Methode entwickelt. "Im Speziellen wollten wir genetische Studien machen. Normalerweise müsste man die Tiere einfangen, um Blutproben machen zu können. Bei Raubkatzen geht das aber sehr schwer, sie sind schwierig zu studieren. Wir haben uns daher für Kotproben entschieden", erklärt die Post-Doktorandin. Seit etwa zehn Jahren forscht sie in den USA. Ihre Ergebenisse präsentierte sie jüngst beim "Austrian Research and Innovation Talk" in Austin, Texas, den die "Wiener Zeitung" auf Einladung des Forschungsrats besuchte.
Ein Hund war mit im Team
Die Forscher begannen mit der Arbeit in Belize. Der zentralamerikanische Staat grenzt an Mexiko und Guatemala. Um im tiefsten Dschungel Kotproben zu finden, trainierten sie einen Polizei-Spürhund um: "Bruiser" musste von illegalen auf legale Substanzen umsatteln und trainieren, Katzenkot zu erschnüffeln. 16 Monate lang begleitete er die Wissenschafter querfeldein. Im Team sammelten Hund und Mensch über 1000 Proben der Exkremente von Jaguaren, Pumas, Ozeloten und anderen Raubkatzen. "Das ist ein äußerst großer Datensatz für diese Katzenarten", hebt Wultsch hervor. Die Proben untersuchte das Team genetisch. Dabei ging es um die DNA der Tiere selbst und um jene der verspeisten Beutetiere.
Die Daten der Jaguare sind nun ausgewertet. "Sie zählen zu den opportunistischen Jägern, die erlegen, was sich bietet. Wir haben herausgefunden, dass sie normalerweise mittelgroße Tiere bevorzugen, darunter einen bedrohten Unpaarhufer, den Tapir", sagt Wultsch. In manchen Regionen fraßen die Raubkatzen jedoch sehr viele Vögel, "was unüblich ist und daher suboptimal. Es deutet darauf hin, dass hier andere Beutetiere fehlen und in diesem Gebiet der Artenschutz wohl deutlich intensiviert werden sollte."
Die Genetikerin will die Effizienz des Artenschutzes erhöhen. Bereits für ihr Doktorat am Virginia Polytechnic Institute hatte Wultsch Tier-Populationen studiert, damals mit Kamerasystemen. Mit ihren Diät-Analysen will sie nun auch verhindern, dass Raubkatzen, die Rinder reißen, von Farmern erschossen werden. Wultsch sieht darin ein Zeichen, dass in betroffenen Regionen Farmer besser geschult werden sollten, wie sie ihr Vieh schützen können. Die Forschungsergebnisse des Museums gehen an Naturschutzorganisationen und die Länder als Basis für den Artenschutz.
Als Nächstes will die Forscherin das Mikrobiom der Raubkatzen über den Kot analysieren. Die Zusammensetzung der Darmbakterien gibt nämlich Aufschluss darüber, wie gestresst die Tiere sind. Allerdings wurden die Kotproben im Wald gesammelt, seien daher voller Erde. Ob sie sich so weit reinigen lassen, dass sie über die komplexe Darmbakterien-Zusammensetzung aussagekräftig sein können, muss sich weisen.