OECD-Studie über Wachstumsfaktoren. | Studiengebühr | Energie- und Telekom-Bereich weiter privatisieren. | Paris/Wien. Einmal im Jahr führt die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Studie durch, wie das wirtschaftliche Wachstumspotential in den 30 Mitgliedsländern angehoben werden könnte. Am Dienstag wurden die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung "Going For Growth" präsentiert.
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Generell warnt die OECD ihre Mitgliedsstaaten davor, angesichts des kräftigeren Wirtschaftswachstums in den Industrienationen in Selbstgefälligkeit zu verfallen. Damit Europa nicht langfristig ins Hintertreffen gerät, sei es notwendig, Produkt-Märkte stärker zu liberalisieren und Wettbewerbshindernisse in den Bereichen Energie, Verkehr und Kommunikation zu beseitigen. Dass die USA und Skandinavien, die ihre Produkt-Märkte früh liberalisiert hätten, besonders stark vom IT-Boom profitiert haben, sei kein Zufall, meint die OECD. Freie Produkt-Märkte förderten Innovationen.
Österreich fällt zurück
In jenem Kapitel, das Österreich gewidmet ist, zeigt sich die OECD besorgt. Das Brutto-Inlandsprodukt pro Kopf (ein Indikator für Wohlstand) sei zwar hoch, im Vergleich mit jenen Ländern mit den besten Werten sei Österreich aber zurück gefallen. Den Grund dafür sieht die OECD in schwachen Produktivitätszuwächsen und einer niedrigen Beschäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmern.
Die schwachen Produktivitätszuwächse seien unter anderem darauf zurückzuführen, dass in Österreich einerseits nur ein geringer Anteil der Bevölkerung eine akademische Ausbildung hat; andererseits sei die Qualität so mancher Studien und Berufsausbildungen nur "sub-standard", so die OECD. Zur Abhilfe schlägt die Organisation vor, die Finanzierung der Universitäten verstärkt leistungsorientiert zu gestalten. Gleichzeitig sollten die Studiengebühren erhöht werden. Sozial abgefedert werden sollte diese Maßnahme durch spezielle Kredite für Studenten, deren Rückzahlung von der Einkommenshöhe abhängt.
Dass die Beschäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmern vergleichsweise niedrig ist, hat laut OECD mit finanziellen Anreizen im Pensionssystem zu tun. Zur Abhilfe sollten bei vorzeitigem Pensionsantritt versicherungsmathematische Abschläge (das heißt, deutlich höhere als bisher) vom Pensionseinkommen erfolgen. Zumindest sollte aber der Zugang zur sogenannten "Hackler-Regelung" erschwert werden. Die Altersteilzeit sollte nach Meinung der OECD gänzlich abgeschafft werden. Generell sollte Österreich Mehrarbeit fördern, indem die hohen Grenzsteuersätze abgesenkt werden.
Im Gewerbe- und Dienstleistungsbereich gebe es in Österreich zu viele restriktive Regelungen, meint die OECD. Diese verhindern Wettbewerb und bremsen dadurch das Produktivitätswachstum. Als Gegenmaßnahme sollte Österreich unter anderem die Ladenöffnungszeiten liberalisieren und die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern abschaffen.
Im Energie- und Kommunikationsbereich sollten Barrieren, die Konkurrenz verhindern, abgebaut werden. Ein Schritt dorthin ist nach Meinung der OECD die völlige Privatisierung der heimischen Energieversorger. Auch im Kommunikationsbereich (Telekom, Post) sollte sich der Staat gänzlich als Eigentümer zurückziehen.