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Österreicher bauen bei Infrastrukturprojekten mit. | Fachkräfte werden dringend gesucht. | Wien. Eines der kräftigsten Zugpferde der Weltkonjunktur ist Indien. Die Wirtschaft wächst in dem südasiatischen Staat mit 1,1 Milliarden Einwohnern um mehr als 9 Prozent. Arm und Reich, High Tech und Dritte Welt liegen nahe beieinander.
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Ein Viertel der Bevölkerung hat nach Angaben der Weltbank immer noch nicht genug zu essen. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt rund 660 Dollar, in Österreich ist es mehr als 50mal so hoch. Bemerkenswert aber ist die rasant wachsende Mittelschicht, die inzwischen auf 300 Millionen Menschen geschätzt wird. Und diese sorgt dafür, dass Indien nicht nur als Exportmarkt und als Niedriglohnland interessant ist, sondern auch als Standort und als Lieferant von Dienstleistungen, typischerweise im IT-Bereich.
Wenn Indien um Investoren wirbt, so steht eines dabei im Hintergrund: Mit dem rasanten Wirtschaftswachstum hat die Infrastruktur nicht mithalten können. In den nächsten fünf Jahren plant die Regierung daher einen massiven Investitionsschub: Nicht weniger als 320 Mrd. Dollar sollen verbaut werden. Größter Posten mit knapp 70 Mrd. Dollar ist die Eisenbahn. Und das mit gutem Grund, denn von über 60.000 Kilometern Eisenbahnnetz ist nur ein Viertel elektrifiziert. In Mumbai streiken Menschen, weil sie wegen mangelnder Bahnverbindungen nicht zur Arbeit kommen.
Die Voestalpine Eisenbahnsysteme (VAE) sind mit vier Werken in Indien vertreten, sie sind aber nur ein kleiner Lieferant für die Indian Railways. Die Strabag baut an der U-Bahn in Delhi mit, Andritz und Alpine Bau sind im Kraftwerksbau tätig.
Nicht weniger ehrgeizig sind die Investitionspläne für die Elektrizitätswirtschaft: Bis 2012 soll die Stromerzeugung für 200 Mrd. Dollar verdoppelt werden. Österreichs Exporte haben sich in den letzten drei Jahren auf eine halbe Milliarde Euro verdreifacht.
Indien hält sich viel darauf zugute, eine funktionierende Demokratie zu sein, es wirbt mit politischer Stabilität, mit einem gewachsenen Unternehmertum und mit qualifizierten Kräften. Jedes Jahr werden 1,2 Millionen Techniker neu ausgebildet. Trotzdem: Das Kastenwesen spielt in der Praxis immer noch eine Rolle, etwa bei der Personalplanung. Die Bürokratie ist mächtig, Kündigungen etwa bedürfen für größere Betriebe einer behördlichen Bewilligung.
Also lockt die Regierung Investoren mit Sonderwirtschaftszonen an. Dort wird vor allem für den Export gefertigt. Gewerkschaften beklagen allerdings die Arbeitsbedingungen in diesen Zonen, welche der Kontrolle lokaler Behörden entzogen sind. Ausbeutung gering ausgebildeter Frauen ist an der Tagesordnung, heißt es. Doch die massive Landflucht sorgt für ständigen Nachschub an wenig qualifizierten Arbeitskräften. Auf der anderen Seite macht sich Fachkräftemangel bemerkbar, vor allem in der Bauwirtschaft: DLF, der größte indische Grundstücksentwickler, braucht mehr als 20.000 Leute, vom Baufacharbeiter bis zum Elektriker. Indische Gastarbeiter sollen aus den arabischen Golfstaaten wieder heimgeholt werden. Mit gleich hohen Löhnen, aber guter Unterbringung an den Baustellen und mit der Möglichkeit, die Familien mitzubringen.