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Wo ist Stefan Füle?

Von Martyna Czarnowska

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Anders als seine Vorgänger tritt der derzeitige EU-Kommissar für Erweiterung nicht oft in Erscheinung.


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Günter Verheugen war in Polen immer wieder gern gesehen. Und Olli Rehn hatte seine Fans in Rumänien und Bulgarien. Stefan Füle aber - wo hat er seine Anhängerschaft? Wo tritt er in Erscheinung? Den drei Männern ist gemeinsam, dass sie in der Europäischen Kommission aufeinander folgend für die Erweiterung der Union zuständig waren, wobei Füle diese Funktion noch immer ausübt. Doch scheint sein Auftrag derzeit weniger gewichtig zu sein als der seiner Vorgänger - zumindest der Häufigkeit seiner Auftritte und Wortmeldungen nach zu schließen.

Verheugen war fünf Jahre lang Erweiterungskommissar, bis Ende 2004. In seine Amtszeit fällt eine der fulminantesten und politisch bedeutendsten Vergrößerungen der Union: die Aufnahme von acht osteuropäischen Staaten - sowie Zyperns und Maltas - in die Gemeinschaft.

Unter Rehns Ägide wiederum starteten Beitrittsverhandlungen, die seit Jahren zu den umstrittensten gehören. 2005 begann die Union Gespräche mit der Türkei. Gut zwei Jahre später dann war die Erweiterung um jene Länder, die noch zwei Jahrzehnte zuvor zum sozialistischen Block gehört hatten, fast komplett: Bulgarien und Rumänien wurden Mitglieder der EU. Beide Politiker, Verheugen wie Rehn, scheuten nicht davor zurück, auch hartnäckige Kritiker der Ausdehnung überzeugen zu wollen.

Dem Nachfolger dieser Kommissare muss es schwer fallen, ähnlich geschichtsträchtige Aktionen zu setzen. Die Union - vor allem ein großer Teil ihrer Bürger im Westen - ist erweiterungsmüde geworden. Gerade einmal Kroatien hat es geschafft, die Beitrittsverhandlungen zu absolvieren, während die Gespräche mit der Türkei zum Stillstand gekommen sind und jene mit den Balkanstaaten teils noch gar nicht in Sichtweite sind.

Dennoch hätte Füle in dieser Woche, als das Ringen um den Status eines Beitrittskandidaten für Serbien in die letzte Runde kam, eine Gelegenheit gehabt, das Thema Erweiterung wieder prominent zu platzieren. Klar, er begrüßte die Empfehlung der EU-Außenminister für den Status und sprach von einem "guten Tag nicht nur für Serbien und den Kosovo, sondern auch für den Vergrößerungsprozess der Union". Dennoch wird Beobachtern mehr als er ein fast überschwänglicher österreichischer Außenminister oder sein empörter deutscher Amtskollege in Erinnerung bleiben. Guido Westerwelle etwa verbarg seinen Unmut nicht, als er den Rumänen bei ihrer Blockade für Serbiens Status egoistische Motive vorwarf - so als ob es sonst nie vorkommen würde, dass auch andere Länder aus innenpolitischen Gründen europäische Beschlüsse zu torpedieren versuchen.

Füle hingegen ist nach außen hin weder ein Mann der harschen Worte noch gibt er sich der Euphorie hin. Als Visionär hat er sich sowieso nicht positioniert. Verheugen und Rehn hatten es zwar leichter, eine Öffentlichkeit zu finden, weil das Thema Erweiterung weit oben auf der Agenda stand. Es wieder dort hinzusetzen, könnte Füle zumindest versuchen. Abgeschlossen ist die Debatte nämlich noch lange nicht.