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Wo sind die Vorbilder?

Von Toumaj Khakpour

Politik

Experten raten zu mehr sichtbarer Integration durch Role-Models. | Vorbilder sind wichtig für junge Migranten.


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Wien. Was brauchen Migranten, um sich wahrgenommen zu fühlen? Wie kommen sie in den Medien vor? Und helfen positive Beispiele, die erste Barriere der Integration durch die Medien zu durchbrechen? Sicher ist, Vorbilder oder Role-Models helfen bei der Orientierung. Sie können Menschen sein, die man aus der Ferne kennt - so wie Hollywood-Schauspieler oder Spitzensportler. Andere Menschen suchen sich Vorbilder aus dem unmittelbar sozialen Umfeld. Gerade im Zuge der Integrationsdebatte werden ethnische Vorbilder eingesetzt, um als Brücke zwischen den „zu Integrierenden” und der Mehrheitsgesellschaft zu fungieren.

„In meiner Arbeit versuchen wir neue Konzepte zu entwickeln, die genau diese Role-Model-Funktion für Migranten beinhalten - wir wollen positive Beispiele setzten”, sagt etwa Gudrun Biffl, Universitäts-Professorin an der Donau-Uni-Krems. „Wir wollen weg von diesem Negativ-Image vom schlechten unintegrierbaren Migranten in Österreich und zeigen, dass es auch anders geht”, so die Expertin vom Zentrum für Migration-, Integration und Sicherheit. Dabei stellt die Professorin so ganz nebenbei selbst ein Vorbild für viele Frauen dar, sie gehört zu den wirklich wenigen Frauen, die in Österreich dem Universitäts-Professorinnen-Beruf nachgehen können. Die Brückenfunktion von Role-Models unterstreicht die 62-Jährige als wichtige Aufgabe der Medien, denn je mehr Moderatoren, Journalisten und Sportler am Bildschirm flimmern, desto mehr sichtbare Beispiele für die Mehrheitsgesellschaft gibt es.

In Gesprächen und Zusendungen - so erzählt sie - bekommt sie viele Beschwerden von gut ausgebildeten Migranten zu hören, die sich von Österreich angegriffen fühlen. Dabei geht es meist um die schlechte Berichterstattung und das Negativ-Image in den Medien: „Die Migranten, die sich als Österreicher fühlen, fühlen sich an die Wand gedrückt.” Aber nicht nur die.

Dass Migranten im Schnitt als unterqualifiziert dargestellt werden, hält die Professorin nicht für stichfest genug: „Statistiken reichen in dieser Hinsicht nicht aus, als positiver Beitrag für die Gesellschaft ist es wichtig, die guten Seiten durch Role-Models aufzuzeigen.” Dabei ist sie sich mit vielen anderen Experten einig, zur Integrationsdebatte braucht es sichtbare Integration via Massenmedien, dabei sei die Gleichbehandlung von großer Bedeutung. „Es ist auch wichtig, dass eine Frau mit Kopftuch eine TV-Reportage machen kann, warum nicht?” Das sei vor allem zentral für das Selbstvertrauen von jungen Migranten. Dass besonders Fußballer und Schönheitsköniginnen mit ethnischen Background zu Integrations-Preisen und Gala-Veranstaltungen eingeladen werden, sehen einige gut ausgebildete Migranten eher gespalten. „Das Vergeben von Integrations-Preisen an Leute, die eigentlich nur ihren Job machen und keinen Extra-Aufwand für Integration betreiben ist sicherlich nicht ganz korrekt”, sagt der slovakischstämmige Publizistik-Student Milan Sojak. Er stellt aber auch fest, dass gerade durch solche hochstilisierten Stars junge Migranten, die offensichtliche Schwierigkeiten mit der Integration haben, ein Vorbild für sich haben und dass es im Endeffekt zu einer besseren Integration führen kann. Der 26-Jährige selbst hatte keine Vorbilder, weiß aber, dass gerade diese medial inszenierten „Erfolgs-Modelle” wichtig sind.

Jenseits des Erfolges

Die AHS-Lehrerin Öznur Demirbas sieht keine Ungleichheit in der Berichterstattung zwischen inszenierten Role-Models und gut ausgebildeten Migranten: „Gelungene Integration hat nicht nur mit akzentfreiem Deutsch oder mit Erfolg zu tun. Weder die eine Gruppe noch die andere Gruppe ist besser.” In der Inszenierung des Fußballers liege am Ende immer die Leistung und deswegen auch die mediale Stilisierung dieser Art von Role-Models, so die 28-Jährige. Andere Migranten haben andere Erfolge, das Einzige, was sie mit den Fußballern verbinden würde, ist der sogenannte Migrationshintergrund.

Die Träume erfüllen

Ob nun Fußballer wie Mesut Özil und Moderatorinnen wie Nazan Eckes inszenierte Role-Models für gelungene Integration sind, liegt im Auge des Betrachters. Sie sind vor allem wichtige Symbole für junge Migranten, die sich durch den Sport und Medien ihre Träume erfüllen möchten. Für die „anderen” gibt es noch viel zu wenige Role-Models, mit denen sie sich tatsächlich identifizieren können - das kann auch daran liegen, dass die Interessensschwerpunkte von Migranten mit höherer Bildung in den Massenmedien eher weniger vorkommen.

Wie wichtig aber Role-Models für eine bestimmte Periode in der Gesellschaft sind, zeigen Vorreiter wie Sidney Poitier, Oprah Winfrey oder Michael Jackson. Die Identifikation mit diesen Figuren, führte zu einem besseren Verständnis der Black Community und zum breiten Zuspruch der mehrheitlich weißen Bevölkerung für diese bis dahin ausgeschlossene Gruppe.