"Wenn sie nichts finden, dann schalten sie auf Formalismus pur", ärgert sich ein Wiener Unternehmer. Er hat gerade eine Steuerprüfung, und das einzige, das die Prüferin beanstandet hat, sind Mängel bei den Eingangsfakturen der Firma. Ein paar von ihnen sind tatsächlich mangelhaft, weshalb die Prüferin den Vorsteuerabzug aus diesen Fakturen nicht anerkennt. Zu Recht? Der peniblen Prüferin ist kein Vorwurf zu machen, sie muss in solchen Fällen "auf Formalismus" schalten. Aber sie könnte dem verärgerten Unternehmer auch einen Ausweg aufzeigen.
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Die Auswege aus den strengen Vorgaben des Umsatzsteuergesetzes (UStG) hat das Finanzministerium vor kurzem in einer Aussendung dargestellt. Dabei geht es nicht darum, die Mindestmerkmale einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Eingangsrechnung zu lockern, sondern eher darum, allzu enge Betrachtungsweisen bei steuerlichen Betriebsprüfungen zu vermeiden.
Kriterien einer Rechnung
Nach den Bestimmungen des UStG muss eine "ordnungs-mäßige" Rechnung sechs Merkmale aufweisen: 1. Name und Anschrift des Lieferanten (oder des sonstwie leistenden Unternehmers), 2. Name und Anschrift des Abnehmers (Käufers, Leistungsempfängers), 3. Menge und handels-übliche (!) Bezeichnung des gelieferten Gegenstandes bzw. Art und Umfang der erbrachten Leistungen, 4. Tag der Lieferung oder Leistungszeitraum oder einfach Abrechnungsmonat, 5. das Entgelt für die Lieferung oder Leistungen und 6. gesondert: den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag. Nur bei "Kleinbetragsrechnungen", deren Gesamtsumme (einschließlich USt!) 2.000 Schilling nicht übersteigt, genügen die Angaben nach Punkt 1., 3. und 4. Entgelt und Steuerbetrag können diesfalls in einem Gesamtbetrag ausgewiesen werden, wobei der dabei angewendete Steuer-Prozentsatz dazu vermerkt werden muss (z.B. "einschließl. 20% USt").
In der Praxis beziehen sich die meisten Beanstandungen der Steuerprüfer auf das Fehlen des Abnehmernamens oder der handelsüblichen Waren- oder Leistungsbezeichnung und /oder des Leistungszeitraumes. Häufig wird auch übersehen, dass der Ansatz eines Gesamtpreises mit zugehörigem USt-Prozentsatz eben nur bei Kleinbetragsrechnungen zulässig ist und ansonsten zur Verweigerung des Vorsteuerabzugs führen kann.
Zu diesen oft erst im Zuge einer steuerlichen "Umsatzsteuereinschau" oder Betriebsprüfung aufgedeckten Mängel hat nun das Ministerium einen Verhaltenskodex veröffent-licht, der den Steuerprüfern die Möglichkeit gibt, nachsichtig zu sein und den Unternehmern eine "Nachfrist" zur Sanierung von Fakturenproblemen einräumt. Solche Möglichkeiten hat es zwar schon früher (zur alten USt-Rechtslage) gegeben, doch wurden sie durch die strengere und formalistischere Prüfungspraxis zunehmend negiert, so dass sich die Oberbehörde jetzt zu einer klärenden Stellungnahme veranlasst sah, die allen Finanzlandesdirektionen übermittelt wurde. )
Grundsätzlich muss ein Unternehmer eine fehler- oder mangelhafte Rechnung natürlich selbst rechtzeitig berichtigen oder ergänzen lassen, wobei der Vorsteuerabzug dann erst in jenem Monat zulässig ist, in dem die Berichtigung/Ergänzung der "kranken" Faktura erfolgt. (Keine Rückwirkung!)
Wird nun erst im Zuge einer steuerlichen Einschau eine solche fehler- bzw. mangelhafte Rechnung aufgedeckt, dann kann der Prüfer die nachträgliche Berichtigung/Ergänzung innerhalb von einem Monat zulassen. Dazu das Finanzministerium: "Wird die Rechnung in diesem Zeitraum berichtigt, dann ist der ursprünglich vorgenommene Vorsteuerabzug zu belassen".
Zulässige Berichtigungen
Die Berichtigung oder Ergänzung kann unter Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung erfolgen, es kann aber auch eine steuerliche "Ergänzungsrechnung" ausgestellt werden, mit der die Sanierung erfolgt. Dabei ist aber zu beachten, dass diese Ergänzungsrechnung deutlich auf die ursprüngliche Rechnung Bezug nimmt, dass also nicht etwa zum gleichen Umsatz eine Zweitrechnung verfasst wird, die dann zur neuerlichen (doppelten) USt-Belastung führen würde.
O-Ton des Ministeriums: "Um die Rechtsfolgen einer zweiten Rechnungslegung zu vermeiden, muss der Unternehmer in der berichtigten Rechnung auf die ursprüngliche Rechnung hinweisen!"
Nachgebrachte Fakturen
Häufig kommt es auch vor, dass ein Vorsteuerabzug bloß auf Grund eines Lieferscheines oder eines anderen Übergabebelegs beansprucht wird. Richtig wäre es, dass erst die nachträgliche Rechnungslegung die Steuerverrechnung auslösen darf. Wird nun von einem Steuerprüfer aufgedeckt, dass bei einer Lieferung oder Leistung der Vorsteuerabzug aufgrund eines unzureichenden Beleges vorgenommen wurde, dann kann der Prüfer auch hier eine einmonatige Nachfrist zur Nachbringung der entsprechenden Faktura einräumen. "Es bestehen keine Bedenken, wenn der Vorsteuerabzug aufgrund der nachgebrachten Rechnung mit Wirkung für den Prüfungszeitraum berücksichtigt wird".
Vorsteuern nach Schätzung
Schließlich geht das Ministerium auch auf den Fall ein, dass in einem Unternehmen einmal Geschäftspapiere in Verstoß geraten, was ja nicht immer mit der Unternehmensgröße zusammenhängen muss. Sind Eingangsrechnungen also tatsächlich einmal innerbetrieblich oder auf dem Postweg in Verlust geraten, ohne dass dies rechtzeitig bemerkt wurde, dann wäre ein Vorsteuerabzug natürlich verwehrt. Trotzdem zeigt sich das Ministerium tolerant: Diesfalls können Besteuerungsgrundlagen (und damit auch die Vorsteuer) von der Betriebsprüfung geschätzt werden. Voraussetzung für derlei Kulanz ist natürlich, dass es als erwiesen angenommen werden kann, dass dem Unternehmen überhaupt eine Lieferung/Leistung zugegangen ist und ihm dazu ursprünglich auch eine (ordnungsgemäße) Rechnung ausgestellt worden ist.
) BMF-Erlass 09/1201/1/-IV/9/00 vom 17.3.2000