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Woche eins im Bawag-Prozess: Die Strategien sind nun geklärt

Von Wolfgang Zaunbauer

Analysen

Die erste Verhandlungswoche im größten Wirtschaftsstrafprozess Österreichs ist vorüber. Schön langsam kristallisieren sich die Verteidigungsstrategien der einzelnen Angeklagten heraus, zumindest was den Vorwurf der Untreue betrifft. Hierbei geht es um die Verantwortung für jene 1,4 Milliarden Euro, die zwischen 1998 und 2000 verspekuliert worden sind.


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Für den Hauptangeklagten Helmut Elsner steht fest, dass der Investmentbanker Wolfgang Flöttl für das Debakel verantwortlich ist. Dieser habe sich nämlich nicht an die angeblich vereinbarte Strategie gehalten (die vom Gericht noch nicht genau durchleuchtet worden ist). Statt die ihm zur Verfügung gestellten Gelder in einem diversifizierten Portfolio zu veranlagen, habe Flöttl Vabanque gespielt und somit den Totalverlust riskiert. Mit dieser Argumentation steht Elsner nicht alleine da. Auch die Angeklagten Josef Zwettler, Peter Nakowitz, Christian Büttner und Josef Schwarzecker sehen die Ursache für die Verluste (zumindest jene der Jahre 1999 und 2000) in diesem "alles auf eine Karte setzen". Damit machen auch sie - wenngleich sie es nicht so direkt sagen wie Elsner - Flöttl verantwortlich.

Der gescheiterte Investmentbanker selbst sieht sich als Opfer unerwarteter Kursentwicklungen an den internationalen Finanzmärkten. Also reines Künstlerpech? Bei den Verlusten 1998 wahrscheinlich. Schließlich haben damals im Zuge der Asienkrise wesentlich hellere Köpfe als Flöttl enorme Summen verloren.

Ob beim Totalverlust im Jahr 2000 tatsächlich vereinbarte Strategien ignoriert worden sind, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Sollte sich dieser Vorwurf, wie er von Flöttls Mitangeklagten erhoben wird, bewahrheiten, könnte es eng werden für den Wahl-New-Yorker - wenn schon nicht strafrechtlich, dann zumindest zivilrechtlich. Schließlich hat die Bawag mit dem Sohn ihres früheren Generaldirektors Walter Flöttl noch einige Rechnungen offen.

Hat sich der einstige Aufsichtsratspräsident Günter Weninger eines strafrechtlich relevanten Vergehens schuldig gemacht hat, als er beschloss, den "legendär undichten" Aufsichtsrat nicht über die Verluste aus den Sondergeschäften zu informieren? Das wird sich wahrscheinlich zu einem Streit über die Auslegung jenes Paragraphen des Aktiengesetzes entwickeln, der besagt, dass unter bestimmten Umständen das Wohl des Unternehmens gegenüber dem Informationsinteresse des Aufsichtsrats vorgeht. Über die Sondergeschäfte selbst will Weninger von Elsner erst dann informiert worden sein, als es zu spät war. Also ein Opfer von Nicht-Information?

Mit Ex-Vorstand Hubert Kreuch und Bankenprüfer Robert Reiter sitzen zwei auf der Anklagebank, die den Eindruck erwecken, keine Ahnung zu haben, weshalb sie hier sind. Allerdings wurden bislang erst die Spekulationsverluste behandelt. Wenn es dann um den Vorwurf der Bilanzfälschung geht, werden wohl auch sie mit unangenehmen Fragen konfrontiert werden.