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Bei Protesten am Samstag entscheidet sich Zukunft der Oppositionsbewegung.
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Moskau. Aus der Sicht des Kreml sind die russischen Präsidentenwahlen abgeschlossen: Ein offizielles Endergebnis liegt vor, die Wahlkommission hat Wladimir Putin zum künftigen Präsidenten ausgerufen, sogar die Nato hat dem Petersburger zum Wahlsieg gratuliert. Dennoch wird die russische Opposition weiter gegen die ihrer Meinung nach unfairen Wahlen und die Rückkehr Putins in den Kreml protestieren: Am Samstagnachmittag sollen an die 50.000 Menschen auf den Neuen Arbat kommen, eine Hauptverkehrsader im Zentrum der Millionenmetropole Moskau, um ihre Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen zum Ausdruck zu bringen.
Die Kundgebung steht unter dem Motto "Das ist keine Wahl. Das ist kein Präsident". Davon, wie viele Demonstranten kommen, hängt die Zukunft der russischen Putin-Gegner ab. Das Gedränge dürfte in jedem Fall groß werden, denn die Demonstranten dürfen den Verkehr auf der achtspurigen Fahrbahn nicht behindern - sie müssen am Gehsteig des breiten Boulevards bleiben. "Wir wollen erneut betonen, dass die Wahl illegitim gewesen ist, dass der gewählte Präsident illegitim ist", sagte Sergej Udalzow, als Führer der "Linken Front" einer der Köpfe der Opposition.
Freilich: nur einer unter vielen. Die Vielstimmigkeit der Oppositionsbewegung, das Nebeneinander völlig unterschiedlicher politischer Ziele und Führungspersönlichkeiten wird zusehends zum Problem für die Protestbewegung. Da steht ein Udalzow, der extrem linke bis kommunistische Ansichten vertritt, neben dem Liberalen Boris Nemzow, der unter Ex-Präsident Boris Jelzin Vizepremier war. Da protestiert der friedensbewegte Rockmusiker Juri Schewtschuk, der für Verständnis für die unbeliebten Tschetschenen wirbt, ebenso gegen Putin wie der nationalistische Blogger Alexej Nawalny, der Kaukasier nur als Banditen ansieht. Manche, wie der Poet Eduard Limonow, vereinen auch Gegensätze in sich selbst: Der Führer der radikalen Nationalbolschewisten, der lange für ein russisches Imperium von Lissabon bis Wladiwostok eintrat, tritt heute als Anwalt der Menschenrechte auf.
Tipps von Putin
Im Dezember, als die Demonstrationen ausbrachen, in der ersten Euphorie des Zusammenstehens gegen den gemeinsamen Gegner, war diese Vielstimmigkeit noch kein Problem. Mittlerweile aber hat sich der gemeinsame Nenner, der in Parolen wie "Putin, hau ab!" oder "Russland ohne Putin" zum Ausdruck kommt, spürbar abgenutzt. Konzepte und gemeinsame Führungspersönlichkeiten fehlen, und es muss bitter für die Opposition gewesen sein, ausgerechnet vom Hauptgegner Ratschläge entgegennehmen zu müssen: Die Opposition werde erst dann zu einer realen Kraft, wenn sie Vorschläge zur Entwicklung des Landes formulieren könne, sagte Putin diese Woche.