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Nach einem harten Wahlkampf gehen der amtierende iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad und der frühere Ministerpräsident Mir-Hossein Moussavi als Hauptrivalen in die am Freitag stattfindende Präsidentenwahl. Der drei Wochen währende Wahlkampf mit Massenkundgebungen und Fernsehdebatten endete am Donnerstag. Nach Ansicht von Experten gibt es keinen klaren Favoriten.
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Beobachter wollten nicht ausschließen, dass sich das Szenario der Wahl 2005 wiederholen könnte, als der weitgehend unbekannte Ahmadinejad in der zweiten Runde das politische Schwergewicht Ali Akbar Hashemi Rafsanjani besiegte. Eine Niederlage Ahmadinejads wäre die erste eines amtierenden iranischen Präsidenten nach nur einer Amtszeit. Die Wahllokale sollten am Freitag um 08.00 Uhr Ortszeit (05.30 Uhr MESZ) öffnen und bis Mitternacht geöffnet bleiben. Eine mögliche Stichwahl würde bereits am Freitag kommender Woche stattfinden.
Nur vier von ursprünglich 475 Bewerbern wurden vom sogenannten Wächterrat für den Wahlgang zugelassen. Dem 72-jährigen Religionsgelehrten und früheren Parlamentspräsidenten Mehdi Karroubi und dem 54-jährigen ehemaligen Chef der Revolutionsgarden Mohsen Rezaie werden nur geringe Chancen eingeräumt.
Eine Wahlkampagne wie in diesem Jahr werde es im Iran nicht wieder geben, sagte ein ausländischer Diplomat. Insbesondere die Fernsehdebatten zwischen den Kandidaten hätten nicht das erforderliche Maß an "Reife" erkennen lassen. Die Präsidentschaftskandidaten warfen sich gegenseitig Lügen und Bestechlichkeit vor.
Zum Ende des Wahlkampfs hatte der Schlagabtausch zwischen den Kandidaten an Schärfe gewonnen. Seine Gegner hätten mit den Methoden von Adolf Hitler und Joseph Goebbels einen "psychologischen Krieg" gegen den Iran geführt, sagte Ahmadinejad am Mittwoch bei seinem letzten Wahlkampfauftritt. Zehntausende Anhänger verfolgten die Rede des Präsidenten in Teheran und skandierten: "Moussavi ist ein Lügner" oder "Moussavi, auf Wiedersehen". Wenige Stunden nach Ahmadinejads Rede versammelten sich auch tausende Anhänger Moussavis auf einem nahe gelegenen Platz und feierten ihren Kandidaten.
Der politische Chef der Revolutionsgarden, Yadollah Jawani, warnte unterdessen, dass die Sicherheitskräfte keine wie auch immer geartete "Revolution" des Volkes dulden würden. Auch die Bildung eines politischen Bündnisses nach der Wahl unter dem Banner einer Farbe würde nicht hingenommen, erklärte Jawani am Mittwoch im Hinblick auf Moussavis "grüne Bewegung". Die Revolutionsgarden sind ein fester Teil des Establishments: Die streng konservative Truppe kontrolliert eine große Zahl an Sicherheitskräften und Milizen von Freiwilligen.
Der 52-jährige Ahmadinejad genießt die Unterstützung der konservativen Führung des Landes. Der oberste geistliche Führer Ayatollah Ali Khamenei sprach sich mehrfach zu seinen Gunsten aus. Zur Wählerklientel des ehemaligen Teheraner Bürgermeisters zählen vor allem die Landbevölkerung und Kleinstädter.
Moussavi wird von großen Teilen des reformorientierten Lagers unterstützt, Ex-Präsident Mohammed Khatami hat eine Wahlempfehlung für ihn abgegeben. Er genießt den größten Rückhalt in den Großstädten des Landes. Vor allem die jungen, gut ausgebildeten und westlich orientierten Iraner setzen große Hoffnungen in Moussavi, den sie im Wahlkampf unterstützten. Auch Intellektuelle, Schriftsteller, Künstler und Regisseure stellten sich hinter den 67-Jährigen, der eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen versprochen hat.
In den Fernsehdebatten rechneten die Herausforderer vor allem mit Ahmadinejads Außen- und Wirtschaftspolitik ab. Moussavi warf dem Amtsinhaber vor, im Ausland die "Würde des Iran untergraben" zu haben. Mit einem Kurswechsel in der umstrittenen Atompolitik des Iran wäre allerdings Beobachtern zufolge auch bei einer Wahl Moussavis kaum zu rechnen, da alle strategisch wichtigen Entscheidungen ohnehin in den Händen Khameneis liegen. Auch wirtschaftlich glänzt der zweitgrößte Ölexporteur der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) derzeit nicht gerade. Der Iran kämpft mit hoher Inflation und Einbrüchen bei den Öleinnahmen.