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Wohin mit dem Geld?

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Sparquote liegt auf dem Rekordtief von 5,2 Prozent, auch Konsum bleibt mau.


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Das Sparschwein ist keine gute Geldanlage: Wer sein Vermögen vergrößern will, muss aber auch mehr Risiko in Kauf nehmen.
© fotolia

Wien. Anlegen oder ausgeben? Sparen zahlt sich in Zeiten, wo die Inflationsrate deutlich höher als die niedrigen Zinsen liegt, nicht aus. Wenn ohnehin ein Teil des Geldes durch die Teuerung weggefressen wird, ist die beste Zeit für Anschaffungen gekommen, etwa für eine Wohnung, ein Auto oder einen neuen Fernseher. Das Kalkül der Europäische Zentralbank (EZB), dass die Bevölkerung durch den Mini-Leitzins mehr konsumiert und investiert, geht in Österreich jedoch nicht auf, sagt Marcus Scheiblecker vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo): "Es wird weder mehr konsumiert noch mehr gespart, weil die Einkommensentwicklung so schwach ist." Bei den niedrigen Zinsen lohne es sich zu investieren, doch es werde wenig neu gebaut: "Wenn die Österreicher investieren, dann vor allem in bestehende Liegenschaften." Besonders die Preise für Immobilien in Städten haben zuletzt nochmals angezogen. Der Konsum bleibt hingegen schwach, im Einzelhandel sank der Umsatz im ersten Halbjahr real um 1,2 Prozent.

Nur jeder Zweite kennt den Zinssatz auf dem Sparbuch

Jedes Jahr verliert das Ersparte derzeit 1 bis 1,5 Prozent an Wert, sagt Erste-Bank-Vorstand Peter Bosek. Pro Jahr entgehen österreichischen Sparern dadurch 3,5 Milliarden Euro, schätzt die deutsche DekaBank. Was also tun mit dem Geld? "Konzentration auf das naheliegende Unmittelbare: lieber das Bad renovieren als komplizierte Zertifikate kaufen", riet der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts, in einem Interview mit der "FAZ".

Die Sparquote der privaten Haushalte in Österreich liegt derzeit bei 5,2 Prozent, ein historischer Tiefstand. Im Vorjahr wurden noch 7,4 Prozent des verfügbaren Einkommens zur Seite gelegt, 2007 sogar 11,6 Prozent. Die Österreicher gelten traditionell als Volk der Sparer.

Zwar ist die Inflation im September auf 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken, die Zinsen werden aber noch für längere Zeit niedrig bleiben. Die EZB wird den Leitzins, der derzeit nur bei 0,5 Prozent liegt, in absehbarer Zeit auf diesem Rekordtief belassen.

Grund genug für die Sparer, sich ernsthaft mit ihrem Geld zu beschäftigen. Nur jeder zweite Österreicher kennt den Zinssatz auf seinem Sparbuch, wie die Umfrage ergeben hat. "Seit Jahren treibt mich eine Frage um: Warum lassen Anleger so viel Geld auf der Straße liegen?", so Andreas Hackethal, Finanzprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt.

"Um die Inflationsrate zu schlagen, muss man risikobereit sein und in Wertpapiere investieren", sagt Bosek. Der Großteil der Österreicher nehme einen Wertverlust aber in Kauf, weil ihnen die Sicherheit wichtiger als die Rendite ist. Das Sparbuch bleibt nach wie vor die häufigste Anlageform, 208 Milliarden Euro liegen auf Sparbüchern. Und sogar Bausparen wird beliebter, obwohl die staatliche Prämie von 36 auf 18 Euro halbiert wurde. Auch die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge hat zugelegt.

"Es gibt kein Patentrezept für Geldanlage in Zeiten von niedrigen Zinsen", sagt Michaela Kollmann, Konsumentenschützerin bei der Arbeiterkammer (AK) Wien. Sie rät, das Einkommen nicht am Girokonto zu belassen, sondern eine Geldanlage zu suchen, die für das Sparziel ideal ist. Will man sich beispielsweise in fünf Jahren ein Auto kaufen, so sollte man das Geld binden. Höhere Zinsen als bei täglich fälligen Sparbüchern gibt es bei längerer Bindungsdauer. Auch Direktbanken bieten oft höhere Rendite an. Aufpassen heißt es bei Aktionszinsen, die nur für einen bestimmten Zeitraum gelten, warnt Kollmann. Der Bankenrechner der AK gibt einen Überblick über Zinsen bei verschiedenen Finanzinstituten. Über der derzeitigen Inflationsrate verzinst sind neben auf einige Jahre gebundene Sparbücher auch Bundesschätze, die bei einer Laufzeit von zehn Jahren 2,0 Prozent abwerfen.

Jeder zehnte Haushalt kann gar nichts sparen

Als Notgroschen für unvorhersehbare Ausgaben wie Reparaturen sollten drei Netto-Monatsgehälter jederzeit verfügbar sein, sagt Bosek. Zwar geben nur drei Prozent an, nichts zur Seite legen zu können, die Dunkelziffer liegt jedoch höher: 10 bis 12 Prozent der Haushalte können gar nichts sparen, schätzt Bosek. Gefährdet seien besonders Geschiedene und alleinerziehende Mütter, aber auch für Jugendliche ist die Gefahr der Verschuldung durch Handy und Co so groß wie nie.