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Wohin will ich mit der Zwiebel?

Von Brigitte Suchan

Reflexionen
Roman Steger beim Vortrag
© Koller

Genuss verbindet man im Allgemeinen mit kulinarischen Erlebnissen. Doch die Fähigkeit zu genießen, geht weit darüber hinaus. Roman Steger, | seines Zeichens Haubenkoch und Kabarettist, lehrt die positive Sinneswahrnehmung in seiner Genussschule.


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Ein Entspannungsbad nach der Arbeit, eine duftende Kerze, eine wohlriechende Schale Tee, ein Stück Schokolade, ein feines Essen mit Freunden, Musikhören, ein Spaziergang im Wald - Genuss kann vieles sein. "Genuss ist eine Bezeichnung für eine positive Sinnesempfindung, die mit körperlichem und/oder geistigem Wohlbehagen verbunden ist", definiert das Lexikon. Was als Genuss empfunden wird, ist subjektiv und damit individuell unterschiedlich. Wie vieles im Leben kann man auch die Genussfähigkeit erlernen bzw. trainieren.

Lektion Nummer eins: Genuss braucht Zeit - schneller Genuss ist ein Widerspruch in sich.

Der Faktor Zeit spielt auch für Roman Steger eine wesentliche Rolle. Vom Kleinkünstler zum Haubenkoch und wieder retour so könnte man in verkürzter Version den Lebenslauf des jungen Mannes beschreiben, der als Küchenchef dem Restaurant "Schon Schön" in der Lindengasse im 7. Bezirk 2009 eine Haube erkocht hat. Dem Restaurantbetrieb hat er kurz danach den Rücken gekehrt, um sich selbständig zu machen: "Weil man im Restaurant immer dasselbe machen muss." Lieber feilt er in seiner Genussschule, die er 2008 ins Leben gerufen hat, am Konzept, Essen als Kunst zu zelebrieren und zwar nicht mit möglichst komplizierten Rezepten, sondern im Gegenteil durch die Schärfung der Wahrnehmung des Wesentlichen - und das liegt nach seinem Verständnis im Einfachen.

Lektion Nummer zwei: Genuss ist alltäglich - um zu genießen, bedarf es keiner außerordentlichen Anlässe. Genussreize können und sollen auch im Alltag wahrgenommen werden.

Was lernt man also in Roman Stegers Genusschule? "Sich Zeit nehmen und den Geschmack des Essens und die Umgebung bewusst wahrnehmen", erklärt er. Die Genussschule ist auch kein Ort an dem Kochkurse oder sonstige Events stattfinden, sie ist vielmehr ein virtueller Raum in Roman Stegers Gehirn. Mit seinem Konzept und einem kleinen Campingtisch baut er diese Schule überall dort auf, wo man sie hinbestellt: bei privaten Festen, Firmenfeiern, an ungewöhnlichen Plätzen etwa im Wienerwald oder bei Stadtrundgängen. Bei seinen Kochkursen und mobilen Verkostungen steht nicht das genaue Nachkochen von Kochrezepten im Vordergrund, sondern die unterschiedlichen Aspekte des Genießens und das Entdecken der eigenen Geschmacksvorstellungen. Mit Hilfe von einfachen Gerichten und frischen Zutaten werden unterschiedliche Grundtechniken vorgeführt und verschiedene Variationsmöglichkeiten gemeinsam ausprobiert, die im Alltag einfach umgesetzt werden können.

Mit seinem nächsten Projekt will er die 23 Wiener Bezirke kulinarisch erkunden. Allerdings ist er im Moment noch damit beschäftigt, zu erforschen, welche behördlichen Genehmigungen er braucht, um seine Genusschule in der Öffentlichkeit aufzubauen. Dieses Projekt ist ganz nach Stegers Geschmack. Er möchte Momente und Orte schaffen, wo bewusst wahrgenommen werden soll, erklärt der junge Wiener seine Vorgangsweise. Dann erzählt er den Teilnehmern von seinem Zugang zum Essen, bietet etwas zum Verkosten an, lässt zu, dass sich jeder seinen eigenen Geschmack bildet und darüber spricht. "Man glaubt gar nicht wie schwierig es für viele ist, sich eine eigene Meinung zu bilden. Alle völlig trendgesteuert." Unlängst, so berichtet er, hat er für Studentinnen eine Karottenverkostung gemacht. "Die waren erstaunt, wie verschieden Karotten schmecken können." Sich einlassen auf ein Erlebnis, das fordert er von seinen Schülern, die er mit seinen Kursen kurz aus dem Alltag herausnehmen möchte.

Lektion Nummer drei: Genießen geht nicht nebenbei - gleichzeitig essen und fernsehen oder lesen schmälert das Genusserlebnis. Genuss braucht Aufmerksamkeit.

Dass Roman Steger ein leidenschaftlicher Koch ist, auch wenn er aus der stressigen Gastronomieszene ausgestiegen ist, merkt man im Gespräch. Er spricht gern übers Essen, über die Zutaten, woher sie kommen, wie sie verarbeitet werden können. "Große Köche haben eine Vorstellung, was wozu passt", sagt er. "Nichts ist falsch oder richtig. Ob die Zwiebel klein oder groß geschnitten ist, ist nicht wichtig. Die Frage ist: Wohin will ich mit der Zwiebel."

Ein Gespräch übers Essen mit Roman Steger gleitet rasch ab in die höhere Philosophie und wird ehe man sichs versieht zum Happening. Auch in der Sternegastronomie sei schließlich vieles Inszenierung, meint er. Weil er schon immer gerne erzählt und geredet hat, wäre die Verbindung von beidem, nämlich kochen und reden nur naheliegend gewesen. Und dass er mit der Genusschule einen Weg gefunden hat, sein eigenes Leben zu genießen, liegt irgendwie auf der Hand. Geld und Ruhm sind eben nicht alles.

Die Genussschule.

Roman Steger und seine Genussschule kann man für private Feste ab 10 Personen buchen. Pro Person muss man je nachdem was auf dem Menüplan stehen soll

ab 20 bis 25 Euro pro Person rechnen.

Kontakt: Genussschule, Roman Steger,

T: 0676 760 89 39

roman.steger@genussschule.com,

www.genussschule.com

Jeden Samstag im Mai können Interessierte mit Roman Steger eine Kulinarische Wanderung mit der "Ö1 Genussschule" in den

Wienerwald unternehmen mit Verkostung und humoristischen Betrachtungen von Zwiebel und Umgebung.

Beginn 11 Uhr, Preis 26 Euro pro Person

Info: oe1.orf.at/club