Bund könnte für Wohnbauoffensive Mittel aufnehmen oder Garantien geben.
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Wien. Der gegenwärtige Konjunktureinbruch erfordert eine offensive Wirtschaftspolitik zur Stabilisierung der Nachfrage und Vermeidung eines starken Anstiegs der Arbeitslosigkeit. Aufgrund der hohen Staatsschulden als Folge der Finanzkrise sollte dies allerdings nicht über eine Erhöhung des Budgetdefizits erfolgen, sondern es sollte der eingeschlagene moderate Konsolidierungskurs fortgesetzt werden, um die derzeitige günstige Finanzierung für Österreich nicht zu gefährden. Durch die insgesamt erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Koalition seit 2007 kann sich Österreich jetzt auf den Finanzmärkten ja sehr günstig finanzieren.
Es ist daher ein Weg zu finden, wie Österreich ohne Budgetbelastung das Wirtschaftswachstum stimulieren und gleichzeitig das Budget konsolidieren kann.
Wachstumsfreundliche Budgetkonsolidierung
In Österreich ist schon einmal von 1995 bis 1999 eine wachstumsfreundliche Budgetkonsolidierung gelungen. Damals wurde die Sparquote durch eine Kürzung der Sparförderung und Erhöhung der Zinsertragsbesteuerung sowie andere steuerliche Maßnahmen gesenkt. Die Bauwirtschaft wurde durch Public-Private-Finanzierungsmodelle (Asfinag, Schig, BIG) für Verkehrs- und Gebäudeinfrastruktur angekurbelt. Damit gelang es von 1995 bis 1999 sowohl Wachstum (zwischen 2,1 und 3,6 Prozent) als auch Budgetkonsolidierung (das Budgetdefizit sank strukturell von mehr als 5 Prozent im Jahr 1995 auf etwas über 2 Prozent) zu vereinbaren. Die Arbeitslosigkeit stieg nur leicht an und erreichte 1999 wieder den Wert von 1995 von 3,9 Prozent.
Das österreichische Wohnbauförderungssystem hat sich bisher im internationalen Vergleich bewährt. Es kam zu keinen Boom-Bust-Zyklen bei den Wohnungspreisen und Immobilienblasen wie zum Beispiel in den USA, Spanien, Irland oder Großbritannien. Das Wohnungspreisniveau ist im internationalen Vergleich noch relativ günstig.
Das österreichische Wohnbauförderungssystem ist jedoch gefährdet. Viele Bundesländer haben die Zweckbindung für die Wohnbauförderung aufgegeben, viele Darlehen verkauft und mit den Erlösen ihre Budgets saniert (wie zum Beispiel Oberösterreich) oder diese teilweise verspekuliert (wie zum Beispiel Niederösterreich - laut Rechnungshof gibt es einen "Fehlbetrag von knapp einer Milliarde Euro").
Offensive Wirtschaftspolitik durch Wohnbauoffensive
Der geförderte Wohnungsbau ist daher in den letzten Jahren schon eingebrochen. Die Wohnbauförderungszusicherungen sind von 35.640 im Jahr 2009 auf 27.696 im Jahr 2011 zurückgegangen und weitere Einbrüche sind zu erwarten. Dies vor dem Hintergrund einer steigenden Nachfrage und damit steigenden Immobilienpreisen.
Ein steigendes Angebot an geförderten Wohnungen und Häusern würde dämpfend auf die Immobilienpreise wirken. Die Preise für Wohnimmobilien sind nach EZB-Daten in Österreich in den letzten Jahren wesentlich stärker gestiegen als im Euroraum-Durchschnitt: 2011 um 4,1 Prozent und im ersten Quartal 2012 sogar um 10,7 Prozent.
Die Finanzierung der Wohnbauoffensive (mit einem Rahmen von maximal 10 Milliarden Euro) erfolgt durch Nutzung der niedrigen Finanzierungskosten des Bundes. Der Bund nimmt die Mittel über seine Finanzierungsagentur (Öbfa) auf. Es gibt zwei Finanzierungsoptionen:
Der Bund nimmt direkt über seine Finanzierungsagentur (Öbfa) die Mittel auf, zum Beispiel über eine zehnjährige Anleihe. Dies führt allerdings zu einer Erhöhung des Schuldenstandes.
Der Bund gibt Garantien und die Mittel werden über sogenannte Asset Backed Securites (zum Beispiel zehnjährige Anleihe mit Bundesgarantie) aufgenommen. Es wäre dann das Bundeshaftungsobergrenzen-Gesetz anzupassen und die Finanzierung würde wahrscheinlich etwas teurer.
Die Mittel werden an die Wohnbaugenossenschaften oder Gemeinden zweckgebunden für sozialen Wohnbau zum gleichen oder leicht höheren Zinssatz weitergegeben. Ein ähnliches Modell wurde in Wien bereits erfolgreich umgesetzt.
Der Wohnungsbau mit dieser Finanzierung sollte nur in den Bundesländern erfolgen, die sich verpflichten, die Zweckbindung der Wohnbauförderung für die nächsten zehn Jahre beizubehalten oder wieder einzuführen und sich verpflichten, keine weiteren Wohnbaudarlehen zu verkaufen. Dies würde die Wohnbauförderung langfristig sichern. Zusätzlich könnte man überlegen, jenen Bundesländern, die es wollen, zu ermöglichen, über die Öbfa Kredite zweckgebunden für den sozialen Wohnbau aufzunehmen.
Damit würden die niedrigen Finanzierungskosten des Bundes für Wohnbauinvestitionen genutzt, ohne dass das Defizit steigt. Die Bauwirtschaft würde angekurbelt - und da der Wohnbau relativ personalintensiv ist, die Arbeitslosigkeit verringert. Durch das steigende Angebot würde der Immobilienpreisanstieg gedämpft. Da neue Wohnungen energieeffizienter sind, würde auch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Ein Teil der Mittel könnte auch für thermische Sanierung oder Umstellung von Heizungssystemen verwendet werden. Ein weiterer Teil könnte an private Investoren weitergereicht werden - etwa solche, die ihre Häuser aufstocken, da dies Wohnraum ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Infrastruktur schafft.
Zum Autor
Franz Nauschnigg
war in den 1980ern Mitarbeiter im Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium. In den 1990ern war er Berater der Finanzminister Staribacher, Klima, Edlinger. Derzeit ist er Abteilungsleiter für Europäische Integration und Internationale Finanzorganisationen in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Der Artikel stellt seine persönliche Meinung und nicht jene der OeNB dar.