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Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl - und er ist nicht der einzige - will sie drastisch kürzen, andere wiederum wollen sie gleich zur Gänze abschaffen. Die Bundesländer, kommerzielle Wohnbauträger, Gemeinnützige und die Bauwirtschaft sind für ihre Beibehaltung, die Grünen wollen sie weiter "ökologisieren". Die Rede ist von der Wohnbauförderung, die im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen neu diskutiert wird. Dabei werden die Steuereinnahmen auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt. Im Fall Wohnbauförderung geht es um Bundesmittel von 1,8 Mrd. Euro jährlich. Davon stammen 660 Mill. Euro aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen
Seit wann gibt es sie?
Die Anfänge der Wohnbauförderung gehen bis in die österreichisch-ungarische Monarchie zurück. Als wichtigstes Datum gilt aber der 1. Juli 1953, an dem das Wohnbauförderungsgesetz 1954 in Kraft trat. Die Sozialpartner schlossen damit einen Kompromiss in den Lohnverhandlungen. Durch die Dämpfung der Wohnkosten war es möglich, Lohndisziplin zu üben. 1968 erfolgte eine Reform: Die Wohnbauförderung wurde auf die Bundesländer verlagert, zudem kam es zur Subjektförderung (Berücksichtigung der sozialen Lage der Wohnungswerber). 1987 wurde auch die verfassungsrechtliche Kompetenz den Ländern übertragen.
Wofür wird sie verwendet?
Seit dem letzten Finanzausgleich können Wohnbauförderungsmittel nicht nur für den Wohnungs- und Eigenheim-neubau, sondern auch für Infrastruktur- und Umweltmaßnahmen ausgegeben werden. Es wird daher auch über die Wiedereinführung der Zweckbindung der Mittel diskutiert.
Wie wird gefördert?
Wohnbauförderung kann in Form von vergünstigten Landesdarlehen, Annuitäten- oder Baukostenzuschüssen erfolgen, aber auch als Personenförderung, wie z.B. Arbeiterkammerdarlehen, "Superförderung" oder Wohnbaubeihilfe.
Wer kann ansuchen?
Um Wohnbauförderung ansuchen kann grundsätzlich jeder österreichische Staatsbürger, der Eigentümer oder Miteigentümer einer Liegenschaft ist. EWR-Bürger sind österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt.
Direkt mit der Wohnbauförderung zu tun haben nur "Häuslbauer". Sie müssen selbst einen Antrag stellen. Bei Miet- und Eigentumswohnungen hat sich der Bauträger die Finanzierungsmittel schon geholt, sie sind in der Anzahlung und in der monatlichen Rückzahlung berücksichtigt.
Gefördert wird nur ein Hauptwohnsitz, für das Wochenendhaus gibt es keine Unterstützung. Landesbeamte führen stichprobenartige Kontrollen vor Ort durch, um sich davon zu überzeugen, ob das Haus oder die Wohnung auch wirklich spätestens sechs Monate nach Fertigstellung "ständig genutzt" wird. Vor einem Jahr haben Kontrollen im Bundesland Salzburg ergeben, dass etwa jeder zwölfte Bezieher von Wohnbauförderung bei den Angaben gegenüber dem Land "schummelt". Beispielsweise wurden geförderte Wohnungen nicht oder nur als Zweitwohnung genutzt oder weitervermietet. Oder es wurden im Haushalt lebende Personen nicht angegeben, sodass deren Einkommen bei der Berechnung von Annuitätenzuschüssen oder Wohnbeihilfen nicht berücksichtigt werden konnte.
Die von den Bundesländern eingesetzten Modelle sind äußerst vielschichtig. Gemeinsam ist ihnen, dass geförderte Wohnungen nur sogenannte "begünstigten Personen" bekommen, die ein dringendes Wohnbedürfnis haben sowie bestimmte jährliche oder monatliche Einkommensgrenzen nicht überschreiten.
Die Folgen der Abschaffung
Die Befürworter der Wohnbauförderung warnen davor, dass ihre Abschaffung die Mieten für neue Wohnungen auf das Doppelte ansteigen lassen könnte. Damit würde das Ende des sozialen Wohnbaus eingeleitet. Zudem würden zahlreiche Bauprojekte nicht mehr in Angriff genommen werden, Tausende Jobs am Bau würden verlorengehen. Die Wohnbauförderung sei also auch eine Wirtschaftsförderung. Viele sehen das anders. Um noch einmal auf den Chef des Industriekonzerns Böhler-Uddeholm zurückzukommen: Er glaubt, dass durch die Streichung der Wohnbauförderung "keine einzige Wohnung weniger" gebaut würde, da die Wohnbaufördermittel nicht zweckgebunden seien. Der Wohnbauförderung wird ebenfalls zugute gehalten, dass die nach den WBF-Gesetzen geforderten Ausstattungsmerkmale zu einem sehr hohen qualitativen Wohnungsbestand in Österreich geführt haben, auch in energietechnischer Hinsicht. Eine Streichung der Förderung könnte zum Bau von tiefstpreisigen, aber schlecht ausgestatteten Wohnungen führen.