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Wohnen, aber schneller!

Von Ina Weber

Politik
Problematisch: Projekt Nordwestbahnhof im 20. Bezirk, nähe Augarten.
© enf-architekten

Es werden zu wenige geförderte Wohnungen gebaut, sagt Wiens ÖVP.


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Wien. Wer eine Wohnung in Wien sucht, sucht oft lange. Das hat nicht nur mit den gestiegenen Miet- und Kaufpreisen zu tun, sondern auch damit, dass die Ansprüche der Menschen gestiegen sind. Wer will schon eine Wohnung mit Mängeln haben. Das gilt sowohl für die Gemeindebauwohnung als auch für die Dachgeschoß-Maisonette, die sich aber ohnehin kaum jemand leisten kann. Der Effekt: Die Wiener ziehen wieder vermehrt raus aus der Stadt, freilich auch aufgrund des Bedürfnisses nach dem eigenen Häuschen im Grünen.

Um die in Wien lebenden Menschen dazu zu bringen, in der Stadt zu bleiben, fehlt es an Maßnahmen. Hier sind sich SPÖ, Grüne und ÖVP einig. Nur wie sie auszusehen haben, darüber wird naturgemäß gestritten. Für Wiens ÖVP wurden im Jahr 2012 zu wenige geförderte Wohnungen gebaut. Norbert Walter, Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien, wirft Verkehrsstadträtin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou vor, beim Wohnbau auf der Bremse zu stehen. "Der Wohnungsraum wird knapper", sagt er. Die von Vassilakou 2012 gewidmeten 7000 Wohnungen seien zu wenig. "Es hätten 10.000 bis 12.000 Wohnungen sein müssen."

ÖVP sieht zu langes Widmungsverfahren

Der Landesgeschäftsführer sieht das Problem darin, dass Vassilakou im Zuge der Widmungsverfahren zu lange mit allen Beteiligten diskutiere. "Allen recht machen wird man es nicht können", so Walter. Es gebe durchaus Fälle, in denen es etwa gut sei, wenn auf die Bürger eingegangen werde. Das Recht auf freie Sicht gebe es allerdings nicht und dies sei in der Stadt auch kaum möglich. Das Problem würden die Grünen in sich tragen. Einerseits für Parkplätze stimmen zu müssen, andererseits für Naturschutz eintreten ist für den Geschäftsführer schwierig.

Vassilakou lässt diese Argumente nicht gelten. "Man kann nicht einfach nur Wohnungen bauen, es braucht auch Schulen, Straßen oder Parks. Das alles kostet die Stadt Geld", sagt sie. Viele Kriterien müssten berücksichtig werden. So ist laut Vizebürgermeisterin das Widmungsverfahren eines, das Abstimmungen erfordert. Mehrere Ressorts der Stadtregierung sind dabei betroffen; Bildung, Umwelt, Kanalisation, Straßenbau und natürlich das Wohnbauressort. "Wir entscheiden das alle gemeinsam, wo die Prioritäten liegen", so Vassilakou. "Niemand muss auf die Tube drücken. Alle tun ihr Bestes."

Das Tempo der Widmung hänge schlussendlich an der Sicherung der Infrastrukturkosten. Die Infrastrukturkommission empfiehlt, ob ein Projekt widmungsreif ist oder nicht. Das gilt sowohl für die geförderten als auch für die frei finanzierten Wohnungen.

Wenn Bezirksvorsteher indirekt blockieren

Eines der Probleme ist für die Stadträtin, wenn etwa Bezirksvorsteher Widmungen zurückhalten, weil sie meinen würden, dass statt der geplanten 4000 Wohnungen nur noch 900 tragbar wären. Solche Fälle hat die Stadträtin einige. Auch Bürgerbeteiligungen würden ihre Zeit brauchen. Die Vizebürgermeisterin stellt einmal mehr klar, wie wichtig Bürgerbeteiligungen sind und dass diese ernst genommen werden müssen. So gebe es etwa für das Otto-Wagner-Spital im 14. Bezirk eine Widmung, aber aufgrund der Proteste der Anrainer konnte bis dato nicht gebaut werden.

Derzeit gibt es 30.000 Vormerkungen auf Gemeindewohnungen. 12.000 davon wohnen aber bereits im Gemeindebau und suchen eine andere Wohnung. Die Wohnungsnachfragelisten sind im Allgemeinen lang. Dass die 7000 Widmungen im Jahr 2012 nicht besonders "üppig waren", gibt Vassilakou zu. Das habe aber berechtigte Gründe. Die Mitteln aus dem Finanzausgleich würden nicht sofort zur Verfügung stehen. Die Vizebürgermeisterin stellt aber fest, dass Wien in einer privilegierten Position sei, die Wohnbaufördermittel seien ausreichend da. "Das Jahr 2013 wird sehr üppig."

Geplant sind für die Jahre 2013 bis 2015 rund 35.000 Wohnungen. Vorausgesetzt die entsprechenden Infrastrukturkosten sind vorhanden. Im 2. Bezirk entsteht das Areal Nordbahnhof mit 4700 Wohnungen. In der Endausbaustufe sollen es insgesamt 10.000 Wohnungen sein. Im 10. Bezirk entstehen beim Hauptbahnhof 1200 Wohnungen. Im 21. Bezirk das Gaswerk Leopoldau mit 600 bis 800 Wohnungen, im 22. Bezirk Berresgasse West werden 1500 Wohnungen gebaut und im 23. Bezirk "Wiesen Süd" 1000 Wohnungen.

Bei einigen Projekten gebe es allerdings Schwierigkeiten. Sie könnten aber laut Stadträtin aus Widmungssicht rasch umgesetzt werden. Allerdings würden die Infrastrukturkosten noch nicht geklärt sein. Das sind die Projekte Nordwestbahnhof im 20. Bezirk mit 1600 Wohnungen, die "Wiesen Ost" im 23. Bezirk mit 3000 Wohnungen und die ehemaligen Unilevergründe im 23. Bezirk mit 450 Wohnungen.

Altbau-Mieten sind um 60 Prozent gestiegen

ÖVP-Landesgeschäftsführer Norbert Walter würde sich jedenfalls wünschen, dass die Widmungsverfahren genauso rasch vorangehen, wie "das Parkpickerl eingeführt wurde". Bei den Widmungen sieht Vassilakou aber keine Probleme, vielmehr gebe es oft Schwierigkeiten in der politischen Abstimmung - und im Altbaubereich: In den letzten Jahren sei die Altbau-Miete um 60 Prozent gestiegen; die Bodenpreise um 70 Prozent. Der Boden macht laut Vassilakou bereits 70 Prozent der Baukosten aus.

960.000 Wohnungen gibt es in Wien. 220.000 davon sind Gemeindewohnungen, 200.000 geförderte Wohnungen. 60 Prozent der Wohnungen sind bereits von der Stadt geförderte Wohnungen. Die Stadt wächst mit jährlich 20.000 Menschen pro Jahr. Dass die Mieten am freien Markt viel zu hoch seien, darüber sind sich alle Parteien einig. Schon jetzt würde viel Geld bei der Schlichtungsstelle erstritten. Das Mietrechtsgesetz lässt Raum für Zuschläge. In 90 Prozent der Fälle, in denen die Schlichtungsstelle aufgesucht wurde, war die Miete zu hoch angesetzt.

Das Mietrechtsgesetz gehört laut SPÖ und Grüne reformiert. Die Grünen wollen den Mietpreis deckeln. Und um das Budget der Stadt langfristig zu entlasten, plädiert Vassilakou für vertraglich fixierte städtebauliche Qualitäten. "Wer eine Widmung erhält, ist ein Profiteur. Dadurch werden Werte geschaffen", sagt sie. Die Investoren sollten einen Teil der Infrastrukturkosten übernehmen. Das gebe es bereits jetzt, wenn etwa ein Kinderspielplatz gezahlt wird. Diese Vereinbarung sollte vertraglich fixiert werden.
<br style="font-weight: bold;" /> Auszug aus der aktuellen Widmungsplanung der Stadt Wien 
In der Öffentlichen Auflage sind Widmungen für rund 1700 Wohnungen. Das sind: 10. Grundäckergasse (Oberlaa) 750 Wohnungen, 20. Dresdner Straße 320 Wohnungen, 21. Koloniestraße 260 Wohnungen, 21. Johannes-Fehring-Promenade 360 Wohnungen.

Nach Bezirksvertretungssitzung wird derzeit fertig für den Ausschuss: in der Wiesen Süd 1000 Wohnungen.

Fertig bearbeitet für die Beschlussfassung durch den Gemeinderatsausschuss sind Widmungen für 2300 Wohnungen. Die größten davon sind: 3. Erdberger Lände (Gewerbegebiet Erdberg) 1000 Wohnungen, 14. Linzer Straße (GEBE-Fabrik) 300 Wohnungen, 15. Sechshauser Straße 235 Wohnungen, 21. Schichtwerke 250 Wohnungen.

Widmungspotenziale 2013-2015:
ca. 35.000 Wohnungen. Voraussetzung dafür: Die entsprechenden Rahmenbedingungen (Stichwort Infrastruktur) sind gegeben. 2. Nordbahnhof: 4700 Wohnungen (in der Endausbaustufe insgesamt 10.000 Wohnungen), 10. Hauptbahnhof (östlich des Parks): 1200 Wohnungen, 21. Gaswerk Leopoldau: 600 bis 800 Wohnungen, 22. Berresgasse West: 1500 Wohnungen, 23. Wiesen Süd: 1000 Wohnungen.