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Wolf und die Russland-Connection

Von Karl Leban

Wirtschaft

ÖIAG-Aufsichtsrat kürt früheren Magna-Manager zum neuen Vorsitzenden.


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Wien. Vorerst wird es eine ÖIAG, die durch weitere Staatsbeteiligungen wie den Verbund, die Casinos oder die Bundesforste aufgewertet ist, nicht geben. Zu tief sind derzeit die Gräben zwischen den Koalitionsparteien, obwohl das Regierungsübereinkommen eine Reform der staatlichen Industrieholding vorsieht. Trotzdem bricht für die ÖIAG eine neue Ära an. Denn seit Donnerstag ist ihr Kontrollgremium, der Aufsichtsrat, personell umgebaut.

Neu an der Spitze ist der frühere Magna-Manager Siegfried Wolf, der bisher erster stellvertretender Aufsichtsratschef war. Der 56-Jährige beerbt den oberösterreichischen Industriellen Peter Mitterbauer, dessen Mandat turnusmäßig ausgelaufen ist.

Wolf war beim Autozulieferer Magna für Frank Stronach jahrelang in Top-Positionen tätig, ehe er 2010 ins Firmenimperium des russischen Oligarchen Oleg Deripaska wechselte, der auch am österreichischen Baukonzern Strabag beteiligt ist. Detail am Rande: Wolf werden deshalb auch gute Kontakte zu Kreml-Chef Wladimir Putin nachgesagt.

Seinem Nachfolger als ÖIAG-Präsident streut Mitterbauer Rosen. Wolf habe "Handschlagqualität", er sei ein "guter und verlässlicher Mann", sagte Mitterbauer im ORF-Radio. Die Nähe von Wolf zu Putin sieht er nicht als Problem: "Für mich ist das kein Makel, jeder hat seine eigene persönliche Meinung."

Anders als Mitterbauer haben die Grünen mit der Kür von Wolf zum neuen ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzenden sehr wohl ein Problem. Österreich werde damit zur "Hintertür für Russland in der EU", kritisierte Pilz mit Bezug auf das von ihm selbst verbreitete Gerücht, wonach die russische Gazprom kurz davor stehe, bei der OMV einzusteigen. Mit Wolf sei nun ein "V-Mann von Putin" Chefaufseher der ÖIAG.

Drei neue Mitglieder, darunter Susanne Riess

Neu in den ÖIAG-Aufsichtsrat eingezogen sind am Donnerstag die ehemalige Vizekanzlerin Susanne Riess, Andritz-Miteigentümer und -Chef Wolfgang Leitner sowie der Wirtschaftsprüfer Friedrich Rödler. Sie folgten auf Mitterbauer, auf Wolfgang Pfarl, der zweiter Stellvertreter war, und Alexander Riklin. Neben Wolf, der im Kontrollgremium nun im Chefsessel sitzt, wurde am Donnerstag in einer konstituierenden Sitzung der bisherige Aufsichtsrat Wolfgang Bernhard zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt und Thomas Winkler zum zweiten.

Insgesamt gehören dem ÖIAG-Aufsichtsrat zehn Kapitalvertreter an (neben fünf Arbeitnehmervertretern). Seit der Jahrtausendwende ist es gängige Praxis, dass sich das Kontrollorgan der Staatsholding turnusmäßig immer wieder mit Experten aus Industrie und Wirtschaft selbst erneuert - wie zuletzt auch am Donnerstag und, wie die ÖIAG betont, unabhängig von politischem Einfluss. Diese "Entpolitisierung" geht auf die frühere schwarz-blaue Regierung unter Wolfgang Schüssel zurück.

Gerade dieser Bestellmodus für den Aufsichtsrat hat zuletzt die Regierung gespalten, weshalb alle Reformvorhaben für die ÖIAG de facto auf Eis liegen. Während die SPÖ auf die Wiedereinführung einer Besetzung nach dem Proporz pocht, will die ÖVP vom bisherigen Prinzip der Selbsterneuerung des Gremiums auf keinen Fall abrücken. Ein klassisches Patt.

Wolf: Syndikat bleibt trotz Telekom-Abschreibung

Vor der konstituierenden Aufsichtsratssitzung hielt die ÖIAG am Donnerstag ihre Jahreshauptversammlung ab. Dabei wurde für den Bund eine Dividende in Höhe von 154 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2013 beschlossen. Für 2012 hatte die Staatsholding eine Dividende von 152 Millionen Euro an die Republik abgeführt.

Die Beteiligungserträge - im Wesentlichen sind das die Dividenden von OMV, Post und Telekom Austria - sanken im abgelaufenen Jahr von 224 auf 196 Millionen Euro. Die Beteiligungserträge hätten notwendigerweise angepasst werden müssen, teilte die ÖIAG in einer Aussendung mit. Dabei gehe es um Zukunftsinvestitionen und finanzielle Flexibilität der Telekom Austria, an der die ÖIAG 28,42 Prozent hält. Die Telekom muss in Bulgarien bei ihrer dortigen Mobilfunktochter aktuell 400 Millionen Euro abschreiben, was ihr heuer hohe Verluste bescheren wird (die "Wiener Zeitung" berichtete). Dividendensteigerungen bei den weiteren Beteiligungen OMV (31,50 Prozent) und Post (52,85 Prozent) hätten diese Kürzung der Beteiligungserträge zum Teil kompensiert. Der Wert des ÖIAG-Portfolios legte indes von 4,69 Milliarden Euro zum Jahresende 2012 auf 5,6 Milliarden Euro Ende 2013 zu.

Nochmals zurück zur Telekom: Das Aktionärssyndikat mit dem mexikanischen Mobilfunk-Riesen América Móvil, der aktuell 26,8 Prozent an der Telekom hält, bleibe trotz Telekom-Abschreibung aufrecht, sagte Wolf vor Journalisten. Zuvor hatte bereits eine América Móvil-Sprecherin gegenüber der Austria Presse Agentur erklärt, die Abschreibungen in Bulgarien hätten "keine Konsequenzen" für den im April unterzeichneten Syndikatsvertrag.

Die angekündigte Kapitalerhöhung in Höhe von einer Milliarde Euro werde reichen, "um alle in Zukunft anstehenden Maßnahmen einer Investition tätigen zu können", sagte Wolf am Donnerstag. "Ich hoffe, dass es nicht weitere Überraschungen gibt, dass dieses Kapital dann verwendet werden muss, um weitere Unannehmlichkeiten zu begleichen."