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Neben Karl Lagerfeld und Jil Sander ist Wolfgang Joop der international bekannteste deutsche Modedesigner. Vor Jahren hat er Label-Namen und Firma verkauft und vertreibt nun seit genau vier Jahren von Potsdam aus seine Kreationen für die "souveräne Frau von heute" weltweit unter dem Namen "Wunderkind" in ausgewählten Luxus-Stores. In Berlin kann man die Linie im eigenen Wunderkind-Store am Gendarmenmarkt sowie im Departmentstore Quartier 206 erwerben, in Wien ist sie bei Liska zu finden.
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"Mix and Match" nennt er die neue Frühling/Sommer-Kollektion 2008. Afrikanisch inspirierte Batikmuster, Layering-Outfits voller Sinnesfreude, ideenreiche Entwürfe mit viel Seide. Es scheint, als habe Wolfgang Joop eine Reise durch sämtliche Ethno-Landschaften getätigt. "Wunderkind", so der Designer, "wirkt wie die Summe meiner Erfahrungen." Prächtige Muster-, Material- und Farbkombinationen mit Elementen aus der afrikanischen Tierwelt, Glamour-Romantik, elegante Sportswear und eine Leichtigkeit des Stils - Historie und Hippie lassen grüßen. Joop selbst nennt seine aktuelle Sommer-Kollektion "The Romantic Rebellion".
Mann mit vielen Begabungen. "Der Mann ist klasse, ein geiler Designer, der hat eine Supersicht der Dinge" - Lobeshymnen eines Bewunderers auf der Home-Page des JoopFanClubs. Ja, so etwas gibt es auch. Hier ist nicht die Rede von einem Popstar, sondern von einem deutschen Modemacher. Sicherlich ist der in Potsdam geborene Joop ein Multitalent der Sonderklasse, der mit so vielen Begabungen gesegnet ist, dass er zu Beginn seiner beruflichen Karriere selbst nicht so recht wusste, welchen Weg er denn einschlagen sollte. Ein anderer Fan: "Der hat Charisma, Humor und strahlt Esprit aus wie allenfalls noch Karl Lagerfeld".
Auf jeden Fall verfügt Wolfgang Joop wohl über die vielseitigsten Begabungen eines Designers überhaupt: Illustrator - über 100 seiner Werke sind im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe ausgestellt -, Verfasser von Aufsätzen in anspruchsvollen Zeitungen und Zeitschriften, Kunstsammler, vor allem alter Möbel, zeitgenössischer Bilder und Skulpturen, Autor mehrer Bücher, darunter das Kochbuch "Hectic Cousine" (2002) und der Roman "Im Wolfspelz" (2003), Talkgast in vielen TV-Sendungen und Schauspieler in mehreren Filmen - ein kreatives Allroundtalent, das einem unheimlich wird. Genugtuung für den Normalbürger: Dafür besitzt er keinen Führerschein und kann den Computer nicht bedienen!
Aber er kann die Modeträume von Frauen erfüllen. Seine Kollektion "Wunderkind", die er seit 2001 in Potsdam kreiert, ist eine hochwertige Prêt-á-Porter-de-Luxe-Mode, gefertigt aus edlen Materialien, ganz nach dem Gusto des Meisters. Das war nicht immer so, denn im Zwangskorsett einer damaligen Konfektions-Produktion fallen so manche Einfälle auf Grund von Markt-Gesetzen unter den Tisch. Nun ist Wolfgang Joop nicht nur wieder dort, wo er herkommt, sondern Ideengeber und eigener Herr zugleich.
Viele Experimente. Am Anfang seiner Karriere schien ihm seine Begabungsvielfalt zu schaffen zu machen. Er musste sich erst einmal ausprobieren, bei der Ausbildung und Ausübung seiner beruflichen Tätigkeiten. Der Fortzug der Familie nach Braunschweig war wie ein Einschnitt. Dort trat Vater Joop einen Posten als Chefredakteur an und veranlasste Wolfgang, nach seinem Abitur 1964 Werbepsychologie an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig zu studieren. Dieses brach er ebenso ab wie später das Studium der Kunsterziehung, das er, nach einer Interimszeit mit Restaurierungsarbeiten und anderen künstlerischen Tätigkeiten, an der TH Braunschweig aufgenommen hatte.
Wolfgang gestand einmal: "Ich verlor den Mut. Wie eigentlich oft. Mein Vater meinte: Von Malerei kann man nicht leben, studier doch Kunstpädagogik". Was er dann tat, aber wiederum nicht durchhielt.
Schließlich nahm er, so ganz nebenbei, an einem Modewettbewerb der Frauenzeitschrift "Constanze" zusammen mit seiner Frau Karin teil, einer Kunststudentin. Das Ergebnis: nicht nur gewonnene Preise, sondern auch die Beschäftigung als Moderedakteur beim Frauenmagazin "Neue Mode" (Hamburg). Später sagte er: "Ich kam zur Mode wie die Jungfrau zum Kinde". Anfang der 70er-Jahre tauschte er dann wieder seine journalistische Tätigkeit gegen die Arbeit als freier Modedesigner.
Einmal wurde er ob seiner eigenwilligen Art von einem sehr autoritären Chef nach einem halben Jahr hinausgeschmissen: "Elemente wie Sie können wir uns in einem erfolgsorientierten Unternehmen nicht leisten", lautete die freundliche Begründung. Doch Wolfgangs Selbstbewusstsein dürfte enorm gewachsen sein, als er wieder engagiert wurde, nachdem die hauseigene Kollektion ein Misserfolg gewesen war.
Ein genialer Einfall. Joop ist ein begnadeter Zeichner. Seine Skizzen begeisterten auch die Juniorchefin einer Pelzfirma, die Joop als seine eigentliche Entdeckerin sieht; ein größerer Auftrag folgte. Er bearbeitete Pelze völlig neu, was ihm den Durchbruch als Modedesigner einbrachte, auch international.
Dann, 1982, wartete Joop mit der Vorlage seiner ersten Damenkollektion mit einem genialen Einfall auf: Er setzte hinter seinen Namen ein Ausrufungszeichen - einfach JOOP! Schließlich hatte der Mann ja mal Werbepsychologie studiert.
Der charmante, gut aussehende Designer brachte nacheinander bekannte Produzenten und Modemanager dazu, sein Label und ihn selbst zu vermarkten. Die Firma Artur E. Erlhoff in Ellerau, nördlich von Hamburg, produzierte seine Kollektionen in den ersten Jahren. Später nahm der damalige Lancaster-Chef Herbert Frommen mit ihm den Anlauf zu einer Art Allround-Luxus-Unternehmen auf internationaler Basis. Eine Lizenz nach der anderen wurde vergeben, sein von ihm kreiertes Parfüm wurde ein großer Renner. Doch entwickelte sich bei Joop - parallel zum wachsenden Erfolg seines Unternehmens - mehr und mehr eine innere Entfremdung zu seinen Entwürfen.
So wechselte er erneut, diesmal zur Wünsche AG. Doch auch dort blieben seine Wünsche bezüglich seiner modischen Selbstverwirklichung unerfüllt. Anfang 1998 verkaufte Joop 95 Prozent seiner Anteile an die AG, später den Rest. "Als der dritte Manager kam, habe ich meine restlichen Anteile verkauft. Ich hatte 20 Jahre für den Erfolg der Firma gekämpft und fühlte mich nun invalide." Immerhin: Hinter die erzielte Summe hätte Joop wohl nochmals ein Ausrufungszeichen setzen können!
Erfüllung am Ursprung. Jetzt hat er auch das nötige Geld, seine ideenreichen Ambitionen zu erfüllen. Seine kreative Odyssee endete in seiner Geburtsstadt Potsdam, wo er inzwischen zwei Prachtvillen sein Eigen nennt. Nun kann er mit seiner unerschöpflichen Energie seinen vielen Talenten frönen. Joop ist bei sich und in seiner alt-neuen Heimat angekommen. "Ich hatte meine Träume, hatte Glück, sie teilweise zu verwirklichen".
Nach einer kreativen Pause, die er mit dem Schreiben von Büchern ausfüllte, gründete er zu Anfang dieses Jahrtausends die Firma "Wunderkind". Frei von Auflagen der Konfektion kann er nun zusammen mit einem Team aus seinen ehemaligen Studenten der Universität der Künste arbeiten. In den 80er-Jahren hatte er dort als Honorarprofessor Mode gelehrt.
Joop, der Philosoph unter den deutschen Designern, sinniert nicht nur darüber, wie er die Frauen anziehender machen kann, sondern hängt auch seinen Gedanken über Gott und die Welt nach. Gern kokettiert er damit, dass Alfons Kaiser von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ihn als begnadeten Dilettanten bezeichnet hatte; er selbst nannte sich einmal ironisch "Entertainer in der Mode". So hat er denn auch einen eigenen JoopFanClub - wie es sich eben für einen Popstar der Modewelt, für ein echtes Wunderkind gehört.