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Wolfgang Mazal

Von Katharina Schmidt und Andreas Unterberger

Reflexionen

Der Sozialrechtler und Familienforscher Wolfgang Mazal tritt für mehr Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung ein, er tadelt ein frauenfeindliches Versagen der Sozialpartner bei der Lohnkurve - und zeigt, was wir von Muslimen lernen können.


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"WienerZeitung": Fast alle wissen, dass wir mehr Kinder brauchen, aber keiner weiß, wie wir das erreichen. Wissen Sie es?Wolfgang Mazal: Es greift zu kurz, wenn man hier nur an einen Faktor denkt. Ein Kinderwunsch ist ein multifaktorielles Geschehen, das von vielen Facetten abhängt. Kinderwunsch hängt viel mit persönlicher Lebensplanung und -Vorstellungen zusammen, aber auch mit materiellen Erwartungen und mit der Chance auf Bindung an einen Partner. Die materiellen Erwartungen ihrerseits hängen davon ab, wie weit Familien- und Erwerbsarbeit kompatibel sind und wie hoch das individuelle Anspruchsniveau ist.

Wir hatten aber zu Zeiten, da viel weniger materielle Erwartungen erfüllt werden konnten, viel mehr Kinder.

Das hängt auch mit Anspruchshaltungen und mit Stabilitätsaussichten zusammen. Wenn die mittelfristige Perspektive im Erwerbseinkommen - mag sie auch niedrig sein - stabil ist, kann man sich eher einem Kind öffnen, als wenn sie höher, aber instabil ist.

Heißt das, Sie wollen alle Österreicher pragmatisieren?

Nicht pragmatisieren, aber die Chance auf eine Arbeitssituation schaffen, aus der man nachhaltig Erwerb und soziale Sicherheit gewinnen kann. Das ist in Österreich über weite Strecken der Fall. Die Generation Praktikum hat zwar instabile Arbeitsverhältnisse, aber das System fängt sie auf und kann rasch die Wiedereingliederung in den Erwerb bewirken. Das haben freilich viele noch nicht realisiert. Dazu kommt, dass die politische Deutung dieser Situation stets den Negativ-Aspekt betont. Wir sehen die kurzfristigen Arbeitsverhältnisse, kommunizieren aber nicht, dass die Wiedereingliederung rasch erfolgt. Das führt dazu, dass sich die Menschen vom Negativen fast erschlagen fühlen.

Beamte haben jedenfalls die höchste berufliche Sicherheit - haben sie deshalb auch mehr Kinder als andere?

Nein, Beamte werden typischerweise erst dann pragmatisiert, wenn sie aus der Kinderphase heraußen sind. Heute wird überhaupt kaum noch pragmatisiert.

Ein weiteres Problem: Man bekommt heute erst in viel höherem Lebensalter Kinder.

Das hängt mit den längeren Ausbildungsphasen zusammen sowie mit dem Gefühl der Instabilität in Partnerbeziehung und sonstigen Lebenssituationen. Das Bindungsverhalten ist heute einfach anders. Zudem sind Kinder zum Inhalt eines Entscheidungsprozesses geworden. Früher gehörten sie einfach dazu, es wurde reflektiert, wenn man keine weiteren haben wollte. Heute wird durch die Möglichkeit der Verhütung die Frage anders gestellt: Man fragt sich, ob und vor allem wann man überhaupt Kinder möchte.

Wirkt sich da schon im Vorhinein das Wissen negativ aus, dass es viele Scheidungen gibt?

Es hängt sicher damit zusammen, dass jetzt erstmals eine Generation in die Reproduktionsphase tritt, die selbst massiv aus Scheidungskindern besteht. Ein Scheidungskind wird verstärkt zur Projektionsfläche für die Wünsche des hauptverantwortlich erziehenden Elternteils. Das kann zu einem "Kleine-Prinz-Verhalten" führen, wie wir es jetzt in China sehen: Niedrige Geschwisterzahlen führen dazu, dass sich das bindungsrelevante Alltagsverhalten anders darstellt als in einer Situation mit drei oder vier Geschwistern.

Manche Studien sagen aber, dass sich in der Aids-Zeit die Bindungsdauer wieder erhöht hat.

Es geht nicht um die Bindungsdauer, sondern um das Alltagsverhalten in der Bindung. "Living apart together" - das tun heute nicht wenige. Das meint eine relativ stabile Geschlechtsgemeinschaft, aber mit getrennten Wohnungen - das Alltagsverhalten ist oft nicht auf den Partner hin ausgerichtet.

Daran kann auch die Politik kaum etwas ändern. Politisch wird aber ständig über materielle Aspekte diskutiert. Kann man damit wirklich etwas bewirken?

Die Politik kann verhindern, dass ein Kind eine Familie in materielle Armut führt. Aber der materielle Anreiz alleine kann nicht die Entscheidung zum Kind forcieren. Man entscheidet sich nicht wegen des Geldes zum Kind, aber man entscheidet sich gegen das Kind aus Furcht vor Geldmangel.

Was halten Sie von dem bösen Spruch, dass manche Unterschichtfamilien die Familienleistungen als Einkommen der Eltern ansehen?

Ich habe eher den Eindruck, dass in Schichten mit geringerem Einkommen das Anspruchsniveau niedriger ist und dass daher die Entscheidung zum Kind die materiellen Lebenssituationen nicht so massiv beeinträchtigt, wie das in höheren Einkommensschichten der Fall sein kann.

Welche Form der materiellen Absicherung ist nun Ihrer Meinung nach die wirksamste?

In unserem System ist das wirksamste Instrument zur Armutsverhinderung die Vereinbarkeit von Familienarbeit und Erwerbsarbeit. An Erwerbsarbeit knüpfen Einkommen und nachhaltiger Sozialschutz bis zur Pension an.

Man kann die Pension ja auch für die Jahre der Kindererziehung zahlen.

Ja, aber es fehlt in dieser Phase jedenfalls das zusätzliche Erwerbseinkommen. In der österreichischen Regelung - die ich deswegen für eine sensationelle halte - ist jedoch der Zuverdienst in großem Ausmaß ermöglicht worden, was bei der alten Regelung nicht der Fall war.. .

Beim Kindergeld ist aber nicht viel Zuverdienst möglich...

Erstens ist der Zuverdienst in viel größerem Ausmaß als früher möglich, und zweitens liegt der entscheidende Fortschritt beim Erwerb von Pensionsjahren. Man kann heute während der Babyphase Kinderbetreuungsgeld beziehen plus dazuverdienen plus pensionsrelevante Monate in sehr gut finanziertem Ausmaß erwerben. Das ist aber noch kaum ins Bewusstsein der Menschen eingedrungen.

Beim neuen Kinderbetreuungsgeld geht es nicht um ein Kommunikationsproblem: Frauen, die das kürzeste Modell wählen, steigen etwa um 1300 Euro schlechter aus.

Das ist ein Anreiz, länger zu Hause zu bleiben.

Aber warum? Ist es nicht das Ziel, möglichst viele Kinder zu haben und das mit einem Beruf zu vereinbaren?

Meines Erachtens sollte das Ziel die Wahlfreiheit sein. Es sollte für die Erwerbs- und für die Sozialbiografie völlig egal sein, ob ich Familien- oder Erwerbsarbeit leiste. Aber die Politik schafft es noch nicht, dieses klare Signal der Wahlfreiheit zu geben.

Ist es nicht besser für die Kinder, wenn ein Elternteil in den frühen Jahren bei ihnen daheim bleibt?

Studien zeigen, dass das Entscheidende für das Kind die Stabilität der Beziehung ist.

Zu den Eltern?

Zu einer Bezugsperson. Das können die Eltern sein - das ist auch für mich das Idealbild. Aber entwicklungspsychologisch ist die Stabilität das Wichtigste. Eine qualifizierte Teilzeitbeschäftigung ist daher durch die psychologische Ebene nicht ausgeschlossen.

Also kann sich ein Elternteil ruhig eine Zeit beruflich zurücknehmen?

Da gibt es noch einen anderen wichtigen Faktor: Das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben wird in Österreich durch eine dramatische Regelung auf ewig bestraft, nämlich durch die anciennitätsgetriebenen Gehaltssysteme: Wer einmal einige Jahre pausiert, hat auf ewig einen Nachteil, den er nicht mehr aufholen kann. Ich halte solche Gehaltssysteme für ein Versagen der Sozialpartner und auch für EU-widrig. Es ist eine mittelbare Frauendiskriminierung, wenn die Babyphase bei den Gehaltssprüngen nicht als Dienstzeit angerechnet wird.

Erfahrungsgemäß gibt es viele junge Mütter, die vor der Geburt eine volle Fortsetzung des Erwerbslebens planen, aber nach ein oder zwei Jahren aus Liebe zum Kind den Akzent zur Kinderbetreuung hin verschieben.

Gerade dann dürfen wir die Entscheidung, den anderen Weg zu gehen, nicht mehr mit gravierenden Folgen - sozialrechtlich und ökonomisch - belegen. Man müsste das Thema Kind insofern in die Wahlfreiheit entlassen, als es den Menschen nicht mehr zum Nachteil gereichen darf, wenn sie ihre Berufstätigkeit unterbrechen. Die sozialrechtliche Absicherung ist mit der Anrechnung von vier Jahren pro Kind mittlerweile sehr gut geregelt. Was aber etwa bei längeren Phasen der Teilzeitarbeit geschieht, wird politisch derzeit nicht diskutiert, wäre aber mittelfristig notwendig.

Ihre Kernaussage ist: Eine Frau, die beispielsweise vier Jahre oder länger zu Hause bleibt, soll nach dem Wiedereinstieg in den Beruf genauso viel verdienen, wie eine, die voll weitergearbeitet hat?

Ja. Das allein durch die Zahl der Dienstjahre bedingte Anwachsen der Gehaltshöhe ist sachlich einfach nicht erklärbar. Moderne Gehaltsschemata sind so aufgebaut, dass das Entgelt während der ersten fünf bis sechs Jahre steigt, dann aber stehen bleibt, und nur mehr ein Inflationsausgleich erfolgt. Erst wenn man Karriere macht, kommt ein neues, höheres Gehaltsschema zur Anwendung.

Da müsste man also vor allem bei den Kollektivverträgen ansetzen?

Für mich persönlich - gerade als Arbeitsrechtler - ist das seit langem ein großes Thema. Frausein ist heute dadurch eine ökonomische Benachteiligung. In den Kollektivverträgen haben wir die Ursache für diese Einkommensschere. Wir fordern die Regierung immer wieder auf, etwas dagegen zu tun. Der eigentliche Adressat müssten aber die Sozialpartner sein.

Die Arbeitgeber werden in einer solchen neuen Gehaltskurve mit höheren Anfangsgehältern eine Mehrbelastung fürchten.

Wenn das System richtig aufgesetzt wird, gibt es keine zusätzliche Belastung, es gilt nur, den Übergang zu bewältigen. Das liegt in der Verantwortung der Sozialpartner. Dass es geht, haben manche Branchen bereits gezeigt.

Sie haben zuvor die Wichtigkeit einer stabilen Beziehung zu einer Bezugsperson betont: In Horten und Kindergärten gibt es aber eine hohe Fluktuation an Betreuerinnen...

Es geht nicht immer nur um Bezugspersonen, sondern auch um Bezugssituationen. Wenn sich nicht fünf Tagesmütter abwechseln, sondern nur zwei, und das in der gleichen Umgebung, dann hat auch das einen positiven pädagogischen Effekt.

Tagesmütter oder Hort: Was ist eigentlich besser?

Laut einer aktuellen Studie aus Niederösterreich ist die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung dort allgemein sehr hoch, bei Tagesmüttern liegt sie aber bei 100 Prozent. Das hängt wohl damit zusammen, dass die Tagesmutter individuell ausgesucht wird, die Stabilität viel höher ist und sich die Wertvorstellungen der Tagesmutter mit jenen der Eltern decken. Bei jeder Institution sind hingegen Abstriche notwendig.

In Diskussionen zum Thema "Was tun, damit wir wieder mehr Kinder haben" fällt überraschend oft der böse Begriff vom Mutterkreuz. Sind wir in dieser Frage noch immer so von der Nazi-Politik traumatisiert?Das mag sein. Allerdings haben mir meine beiden Großmütter schon über die 1920er Jahre berichtet, dass sie mit ihren mehreren Kindern schief angeschaut wurden. Das österreichische Klima dürfte schon länger kinderfeindlich sein. Aber es wäre fatal, würde uns die Mutterkreuz-Ideologie der Nazi-Zeit heute die Freude an der Vermehrung nehmen.

Keine der beruflich erfolgreichen Mütter hat auch noch Zeit, ihre Interessen in der Politik zu artikulieren. Politikerinnen haben kaum Kinder und vertreten daher andere Interessen.

Ich habe mich auch schon gefragt, warum es in Österreich keine Frau von der Leyen (deutsche Familienministerin und Mutter von sieben Kindern, Anm.) gibt. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass der Gang durch die verschiedenen politischen Institutionen gerade in Österreich extrem zeitaufwendig ist.

Wir hatten bis in die 1970er Jahre hohe Geburtenraten, die die Reproduktionserfordernis von 2,1 Prozent übertroffen haben. Dann kam der Absturz. Was passiert ist, war aber nichts von dem, was wir - oder die Politik - besprochen haben, sondern vielmehr die Anti-Baby-Pille, die Verfügbarkeit über das Kind.

In dem Moment, in dem der Mensch etwas beeinflussen kann, entsteht die Notwendigkeit von Verantwortung und Reflexion. Die Konsequenzen der Pille werden nur kurzfristig und auf die Individualbiografie bezogen gesehen, aber zu wenig gesamtgesellschaftlich und langfristig.

Sie erwarten also vom Einzelnen, dass er bei familiären Entscheidungen stets an Gott und die Welt denkt?

Weltweit gesehen, treffen viele Menschen die Entscheidung für ein Kind in Hinblick auf ihre eigene Altersvorsorge. Gesamtgesellschaftlich gesehen, machen das Staaten wie Frankreich, wo explizit eine pronatalistische Politik für das Staatsganze forciert wird.

Dort funktioniert offenbar doch der finanzielle Kinderanreiz?

Nicht nur, in Frankreich ist es auch das gesellschaftliche Klima. Mit Geld signalisiert die Gesellschaft Werthaltungen, aber sicher nicht nur damit.

Stimmt es überhaupt, dass die höheren Geburtenraten in Frankreich und in den USA auch die Mehrheitsbevölkerung betreffen, oder nur Zuwanderer und Minderheiten?

Sowohl in Frankreich wie in den USA kommt der massive Schub in die Reproduktion aus niedrigeren Einkommensschichten und von Zuwanderern. Dass sich die quasi alteingesessene Bevölkerung mit hohem Bildungsniveau tendenziell weniger reproduziert als die genannten Gruppen, ist evident.

Was können wir aus der Geburtenfreudigkeit der islamischen Bevölkerung lernen?

Wir können eine positive Akzentuierung des Themas Familie und Reproduktion lernen. Innerhalb der islamischen Minderheit ist das Selbstverständnis klar, dass Eltern den Kindern das Thema Familie und Kind positiv kommunizieren. Vielfach entwickelt sich das dann auch zu einem starken Sozialdruck, bis hin zur Zwangsheirat. Das ist die negative Seite. Aber auf der anderen Seite ist die positive Kommunikation von Heirat, Treue, Familie und Kind ein entscheidender Impuls für die Dynamik der Reproduktion.

Was halten Sie von Splittingsystemen bei der Steuer zur Familienförderung?

Ich halte Splitting so, wie man es bisher versteht - das Einkommen für die Besteuerung auf alle Familienmitglieder aufzuteilen - für keinen zukunftsträchtigen Weg. Sinnvoll ist es jedoch, das Existenzminimum des Kindes vom Erwerbseinkommen der Eltern zur Hälfte steuerlich abzuziehen. Unabhängig davon, ob der Partner ein Erwerbseinkommen hat oder nicht. Dann könnte man das Steuersystem so neutral ausgestalten, dass es keine negativen frauen- und arbeitsmarktpolitischen Effekte hat und das Existenzminimum für das Kind steuerfrei bleibt. Sonst gibt es klare negative Einkommens- und Erwerbsanreize zu Lasten der Frauen.

Viele meinen heute, dass Frauen erst dann wieder mehr Kinder haben werden, wenn sie auch gleichzeitig außer Haus erwerbstätig sind. Stimmt das?

Das wird oft gesagt. Aber es greift viel zu kurz. Wir sehen an Irland, dass das keine alleine aussagekräftige Korrelation ist. Irland hat nämlich eine relativ niedrige Frauenerwerbspartizipation und trotzdem eine relativ hohe Kinderzahl. Entscheidend ist vielmehr das gesamtgesellschaftliche Klima. Wir kommunizieren den Frauen hingegen immer nur das Negative: "Und wenn du nicht das oder jenes machst, dann wirst Du in Armut enden" oder: "dann wirst du dein Kind vernachlässigen". Also: Du bist entweder eine Rabenmutter oder ein Dummerchen am Herd. Damit hängt zusammen, dass Frauen in prekären Arbeitsverhältnissen den Kinderwunsch immer weiter aufschieben. Die hinausgezögerte Erstgeburt ist für etwa die Hälfte des Geburtenrückgangs verantwortlich, denn dann geht sich auch kein zweites und kein drittes Kind aus.

Stellen wir zu hohe Ansprüche hinsichtlich dessen, was man einem Kind alles bieten müsse?

Es werden unheimlich viele Anforderungen an junge Familien und insbesondere an Frauen gestellt, die zu einer strukturellen Überforderung führen. Es ist naheliegend, dass Menschen in dieser Überforderung den Mut zur Reproduktion verlieren.

Aber welche Lösung gibt es?

Die Lösung ist: Veränderung des Anspruchsdenkens, das man selbst hat und das die Gesellschaft an uns stellt. Das Bild von Familie, das einem vom Marketing als ideal vorgestellt wird, ist real kaum einlösbar.

Die Leiterin einer Berliner Suchtklinik hat jüngst festgestellt, dass das Suchtrisiko umso größer wird, je weniger sich die Mutter oder der Vater zeitlich um das Kind gekümmert haben.Ich halte das für plausibel.

Und last, not least: die Väter.

Den Lebensentwürfen junger Menschen von heute entspricht es, auch die Väter in das Familienleben einzubeziehen. Das wird nur durch die Arbeitswelt immer schwieriger. Da muss ein junger Mann bis etwa 35 Jahre fast rund um die Uhr hackeln. Wer sich dem verweigert, dem werden sehr starke Nachteile kommuniziert. Der Wunsch junger Männer und Frauen nach gleicher Beteiligung an Erwerbs- und Familienarbeit ist ein zukunftsträchtiges Signal. Aber das erfordert ein radikales Umdenken in der Arbeitswelt.

Ein schönes Schlusswort, aber es ist schön bloß auf dem Papier - doch nie realisierbar.

Das ist relativ leicht realisierbar und wird auch bald realisiert werden, wenn sich die Arbeitsmarktsituation in Richtung Arbeitskräfte-Knappheit ändert.

Zur PersonWolfgang Mazal, geboren 1959 in Wien, ist Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien. Außerdem unterrichtet er Medizinrecht an den Medizin-Unis in Wien und Graz, leitet das Österreichische Institut für Familienforschung und lehrt an einer Privatuniversität für Management. So vielfältig wie seine Tätigkeit war auch seine Ausbildung: 1981 promovierte Mazal in Rechtswissenschaften, um dann eine Ausbildung an den Wiener Theologischen Kursen zu absolvieren. 1989/90 arbeitete er mit einem Erwin-Schrödinger-Stipendium an der Forschungsstelle für Sozialrecht und Gesundheitsökonomie der Bayreuther Uni. 1994 gründete Mazal die Fachzeitschrift "Recht in der Medizin", deren Schriftleiter er heute noch ist. Zudem ist er in zahlreichen Gremien tätig, wie in der wissenschaftlichen Begutachtungskommission für den Leopold-Kunschak-Preis. Seine humanistische (Schul-)Bildung spiegelt sich auch in der Überzeugung des 48-Jährigen wider: "Ausgangs- und Eckpunkt jeder normativen Analyse muss ein reflektiertes und offengelegtes Menschenbild sein", schreibt er auf der Absolventen-Homepage des Schrödinger-Stipendiums. Und: "Ich gehe davon aus, dass der Mensch als zoon politikon einerseits zur Individualität berufen ist, dass er aber andererseits seiner Individualität als Mensch nur gerecht werden kann, wenn sie in soziale Bezüge eingebettet gelebt wird."