Vizepremier Caplovic über die Koalitionskrise in der Slowakei. | "Wiener Zeitung": Der ungarische Außenminister Peter Balasz hat die Slowakei zuletzt als "kleinenBruder" bezeichnet, den man "europäische Sitten lehren muss". Was halten Sie davon? | Dusan Caplovic: Ein wichtiger Politiker, ein Staatsmann, sollte solche Sachen nicht sagen. Ich habe Herrn Balasz bei einem Treffen in Schweden aufgefordert, sich zu entschuldigen. Er hat das bis jetzt nicht gemacht.
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Der Streit zwischen Ungarn und der Slowakei ist eskaliert, nachdem Pressburg festgestellt hatte, dass in der Slowakei slowakisch die offizielle Landessprache ist. Das ist EU-konform, aber Ungarn will sich offenbar nicht damit abfinden?
Der Streit hat gezeigt, dass es an Ungarn liegt, eine andere Politik zu machen. Ich habe in den USA mit Kongress-Abgeordneten gesprochen, sogar mit einem Stellvertreter der US-Außenministerin, zuständig für Menschenrechte. Man hat mir bestätigt, dass wir bei dem Sprachengesetz im Recht sind. Das steht fest. Jetzt ist es an den Ungarn, auf uns zuzugehen. Wir wollen eine gute Zusammenarbeit.
Neben den Ungarn gibt es in der Slowakei noch die Roma-Minderheit, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung ausmacht. Nach Berechnungen werden die Roma ab 2035 eine unter Umständen nicht integrierte Mehrheit der Bevölkerung stellen. Es ist schon die Rede von Bürgerkrieg.
Das Roma-Problem ist ein europäisches Problem genauso wie die Migranten, die in großer Zahl aus Afrika kommen. Wir wollen Bedingungen schaffen, damit diese Minderheit nicht in den Westen emigriert. Die Zahlen, die Sie nennen, stimmen. Die vielen Roma-Familien, die gut integriert sind, haben aber nicht die Tendenz, so viele Kinder zu haben. Bei den armen Roma gelten Kinder als Vorsorge.
Die slowakische Regierung geht also nach der Devise vor, dass bessere Integration zu weniger Kindern führt und das Problem löst?
Wir wollen nicht die Population senken, aber wir wollen Ausbildungsprogramme schaffen und die Integration erleichtern.
Ihre sozialdemokratische Partei hat derzeit massive Probleme mit dem Koalitionspartner, den Nationalisten von der SNS. Das Bündnis wurde 2006 unter großen internationalen Protesten geschlossen, bereuen Sie das jetzt?
Hinsichtlich ihrer Programmatik ist die SNS eine im EU-Vergleich normale politische Partei. Es gibt ja auch in Österreich eine ähnliche Partei, die Haider-Partei, die hat hervorragende Politiker hervorgebracht. Es gibt hier aber individuelles Versagen, Sachen, die nicht in Ordnung waren.
Sie sind Umweltminister, auf ihrem Sessel saß vor kurzem noch ein SNS-Mann. Riecht sehr nach Putsch .
Das war kein Putsch, das ist Standard.
Aber dieser Posten stünde doch dem Koalitionspartner zu?
Ministerpräsident Fico hat drei SNS-Politikern eine Chance gegeben, alle sind abberufen worden, also haben wir diese Lösung gefunden. Aber die Koalition funktioniert weiter.
Die SNS hat also kein qualifiziertes Personal?
Parteiführer Slota hat drei Chancen bekommen. Alle drei haben versagt, jetzt haben wir den Posten übernommen, das funktioniert. Wir haben Interesse, dass die Koalition bis zum nächsten Jahr, wenn die Wahlen anstehen, hält.
Wien sammelt Unterschriften gegen das AKW Mochovce. Wie viele Protestkarten haben Sie schon bekommen?
Wir sind für einen Dialog immer offen, allerdings sind wir auch der Ansicht, dass Atomkraft eine saubere Energieform ist.
Zur Person
Dusan Caplovic von der sozialdemokratischen Partei Smer ist stellvertretender slowakischer Premier und zuständig für Gesundheit, Europafragen, Menschenrechte und Minderheiten.