)
Regierungschef Adrian Hasler über die Zukunft des Finanzplatzes Liechtenstein.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das Fürstentum Liechtenstein verabschiedet sich endgültig von seinem Bankgeheimnis. Die Regierung kündigte am Donnerstag an, am 21. November ein internationales Abkommen zur Verhinderung von Steuerflucht zu unterzeichnen und zum automatischen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten überzugehen. Die "Wiener Zeitung" sprach mit Regierungschef Adrian Hasler über die Entscheidung.
"Wiener Zeitung": Liechtenstein schwenkt auf den automatischen Informationsaustausch um. Warum, und warum jetzt?
Adrian Hasler: Wir haben in den vergangenen Monaten intensiv gemeinsam mit den Finanzplatzteilnehmern über die Strategie für unseren Finanzplatz diskutiert. Dabei haben wir uns für eine aktive Positionierung Liechtensteins entschieden.
Handelt Liechtenstein auf Druck von außen?
Nein. Wir sind ganz klar zum Schluss gekommen, dass eine aktive Rolle Liechtensteins für die Zukunft eine größere Handlungsfreiheit bietet. Sie schafft auch für die Kunden und die Akteure des Finanzplatzes wie für andere Staaten eine größere Planungs- und Rechtssicherheit.
Liechtenstein hat sich schon 2009 vom klassischen Bankgeheimnis verabschiedet. Gehen Sie jetzt noch einen Schritt weiter?
Wir setzen damit in der Tat eine Politik fort, die 2009 mit der Liechtenstein-Erklärung begonnen hat. Seither haben wir diverse Doppelbesteuerungsabkommen und Abkommen über den Austausch von Steuerinformationen abgeschlossen. Zwei Abkommen waren dabei besonders wichtig: das mit Großbritannien über die Offenlegung von Vermögen britischer Kunden und das über die Abgeltungssteuer mit Österreich. Jetzt gehen wir einen Schritt weiter, indem wir den automatischen Informationsaustausch als künftigen Standard anerkennen. Damit machen wir insbesondere den G5-Staaten (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien, Anm.) das Angebot, Verhandlungen aufzunehmen und vorzeitig einen automatischen Informationsaustausch abzuschließen. Wir streben dabei umfassende Abkommen an, die unter anderem eine Regulierung der Vergangenheit beinhalten sollen. Wir nehmen auch die Verantwortung wahr, den Kunden einen Weg in die Steuerkonformität aufzuzeigen.
Nicht alle Finanzplätze machen mit. Ein Nachteil für Liechtenstein?
Der automatische Informationsaustausch kommt. Liechtenstein ist nicht daran interessiert, weiter auf einem veralteten Geschäftsmodell aufzubauen. Wir sind überzeugt, dass wir damit die Grundlagen für einen prosperierenden Finanzplatz der Zukunft schaffen.
Wie können Sie gleiche Bedingungen gegenüber Ländern wie den USA und Großbritannien sicherstellen, die über wesentlich mehr Einfluss in der OECD verfügen und lange selbst Steuerparadiese pflegten?
Das ist ein schwieriges Thema, insbesondere für einen Kleinstaat. Wir versuchen, jetzt aktiv bei der Entwicklung des automatischen Informationsaustauschs mitzuwirken. Die gleichen Maßstäbe sollten weltweit gelten. Aber mit gewissen Staaten, die die Voraussetzungen erfüllen, haben wir ein Interesse, schon vorzeitig zum automatischen Informationsaustausch zu wechseln. Wir haben zudem bereits mit der OECD und den G5 Gespräche geführt. Uns wurde dabei signalisiert, dass unsere Mitwirkung an der Entwicklung neuer Standards wünschenswert wäre.
Die Schweiz diskutiert noch über ihre Haltung zum automatischen Informationsaustausch. Sind Sie dem Nachbarn bewusst vorausgeeilt?
Für uns war die Frage wichtig, wie sich Liechtenstein positionieren soll. Und dabei war zentral, wie man eine aktive Rolle spielen kann. Für uns war es keine Option, zuzuwarten. Jedes Land muss diejenigen Antworten auf die internationalen Herausforderungen finden, die seinen spezifischen Interessen am besten entsprechen.
Welche Zukunft hat der Finanzplatz Liechtenstein ohne das Bankgeheimnis gegenüber Steuerbehörden?
Der Finanzplatz hat eine gute Zukunft, davon bin ich überzeugt. Die umfassende, professionelle Betreuung von vermögenden Kunden ist und bleibt die Kernkompetenz der heimischen Finanzdienstleister. Wir haben eine lange Erfahrung und eine hohe Kompetenz in der Vermögensverwaltung und der Vermögensstrukturierung. Wir bieten hohe Stabilität.
Adrian Hasler, geboren 1964, ist seit März 2013 Regierungschef und Finanzminister des Fürstentums Liechtenstein. Zuvor war er seit 2004 Chef der Landespolizei.