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Worauf Banken vertrauen

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Die internationale Finanzkrise hat eine österreichische Sonderform. Der Staat kehrt zurück, und die große Koalition wird alles so richten, dass es ordentlich aussieht.


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In der großen Rettungsaktion der Republik Österreich für die Banken fällt auf, dass sich bisher kein Bankgeneraldirektor bemüßigt fühlte, öffentlich Stellung zu nehmen, was im Bankensektor in den letzten Jahren falsch gelaufen und vielleicht sogar schuldhaft falsch gehandhabt worden ist. Es gibt keine Entschuldigungen.

Stattdessen werden Erklärungen herumgereicht, die ungefähr so überzeugend wirken wie ein Schimmelbrief für übliche Erhöhungen von Kontoführungsgebühren.

Die Erklärungsautomatik hat drei Phasen. a) Es ist sowieso alles in Ordnung, b) Geld vom Staat würde sowieso nicht in Anspruch genommen, es sollte aber bereitgestellt werden, weil man ja auch einen Regenschirm sehr oft bloß mitnehme, ohne ihn aufzuspannen zu wollen, c) wenn doch Schutzgelder von dem rund 100 Milliarden Euro dicken staatlichen Polster abgezweigt werden, dann sei auch das im Prinzip gar nicht nötig und sowieso ein großes Geschäft für den Staat.

Inzwischen ist mit der Kommunalkredit zwar die erste Bank verstaatlicht worden und andere Institute wie die Erste Group spannen den Schirm offenbar in den Sonnenschein. Die schlechten Neuigkeiten gehen hinein, als sei die Republik durch die beiden Koalitionsunterhändler Werner Faymann und Josef Pröll in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt worden. In diesem Zustand ist alles zumutbar.

Nun darf es aber auf dem Bankensektor, der tatsächlich das Rückgrat jeder modernen Volkswirtschaft ist, nicht so windig zugehen wie bei der durch keine Finanzmarktaufsicht gestörten Verteilung von Meinl-Zertifikaten oder Immofinanz-Scheinen. Doch auch die Banken haben unglaublich viel Vertrauen eingebüßt. Der Chef des Instituts für Höhere Studien, Bernhard Felderer, erläuterte vor kurzem, wohin das Vertrauen der Menschen gewandert ist: zum Staat. Dieser garantiert mit astronomischen Haftungssummen, was kein Bank-General dem anderen mehr glaubt, nämlich dass genug Geld im Umlauf sei.

Ruth Elsner, die Ehefrau des noch nicht rechtskräftig verurteilten Ex-Bawag-Chefs Helmut Elsner, hat den Zeitpunkt für eine öffentliche Aktion zur Verbesserung der Lage des U-Häftlings gut gewählt. Angesichts von Hunderten von Milliarden, die derzeit im Finanzsektor weltweit in den Rauchfang geschickt werden, kann man den Kriminalfall Elsner wie ein Kavaliersdelikt hinstellen.

Elsners Anwalt richtete aus: "Mein Klient ist der Auffassung, dass er damals das getan hat, was viele führende Bank-Manager getan haben." Die Grußbotschaft aus dem Häfen wird zwar dem Insassen nichts nützen, in ihrer Doppeldeutigkeit aber manche noch aktiven Nadelstreifler ärgern. Denn Elsner ist immerhin wegen Untreue, Bilanzfälschung und schweren Betrugs zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Die Krise des Finanzmarktes in Österreich ist ernst. Die Art, wie sie politisch offenbar bewältigt werden soll, gibt auch keinen Anlass zum Schmunzeln: durch eine große Koalition, die auf jeden Fall her muss. Wenn der Bundeskanzler erst einmal Werner Faymann heißt und ein Sozialminister Rudolf Hundstorfer die offenen Rechnungen des ÖGB gegenüber der SPÖ aus der Bawag-Skandalzeit nicht mehr anrührt und ein Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll von der schwarzen Reichshälfte her Rückendeckung gibt, dann wird die Harmonie perfekt sein. Wir werden keinen Richter brauchen. Die Banken vertrauen der großen Koalition.