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Worauf kommt es im Bildungswesen an?

Von Karl Heinz Layr

Gastkommentare

Eigentlich sollten in der lehrfreien Zeit Schule und Bildungswesen in Ruhe gelassen werden, damit sich diese von der niederprassselnden Dichte gut gemeinter Ratschläge erholen können. Oder ist Besinnung besser möglich, wenn diese überhaupt zur Pädagogik gehört, falls der "Betrieb" stillsteht? Die Ratschläge reichen von zu implementierenden Bildungsstandards bis zur ganztägigen Betreuung, von zentraler Schulverwaltung bis zu bürgernahen Schulen...


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Gerade deshalb ist zu fragen, ob es nicht Maximen für das Gelingen im Bildungswesen gibt.

1. Bildung ist für jede Person und jede Gesellschaft von größter Bedeutung. Ein Blick auf die Arbeitslosenstatistik beseitigt alle Zweifel, wenngleich nicht jeder Studienabschluss mit adäquatem Arbeitsplatz belohnt werden kann.

2. Wie im Großen, so gilt auch im Kleinen, dass Bildungsmaßnahmen nicht automatisch zu Erfolg führen. Pestalozzi sprach vom Menschen als dem Werk seiner Natur, seiner Mitwelt und seiner selbst. Der Philosoph Kant betonte, dass Faulheit und Feigheit die Mündigkeit des Menschen behindern. Auch wenn es nicht postmodern klingt; es kommt nicht nur auf den Schultypen an, sondern auch auf den konsequent guten Willen der Person, ihre sinnvolle Bereitschaft zur Anstrengung und Ausdauer (nicht nur) im Bildungswesen. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich, drückt der Volksmund diese Überzeugung aus. Das sollte nicht zu institutioneller Bequemlichkeit oder Schwerfälligkeit bei Innovationen führen.

4. Worauf kommt es an? Auf sehr vieles: die richtigen institutionellen Bedingungen, die Persönlichkeit der Lehrpersonen, ihre didaktischen Fähigkeiten, das Klassen- und Schulklima und vieles andere wie auch die technologische Ausstattung.

5. In jedem Falle ist ohne Rücksicht auf Begabung oder Herkunft allen zu helfen. Wenn die Qualität stimmen soll, heißt das aber nicht, dass die gleichen Bildungschancen für alle die gleichen Bildungsergebnisse nach sich ziehen. Dann wäre pädagogische Gewissenhaftigkeit nicht mehr "rentabel" und an die Stelle gegenseitigen Forderns träte eine politisch gewollte "Bildungsautomatik". Bildung wäre ein Mittel, eine Ware - und alle könnten sich das Mühen um Haltung ersparen.

6. Im Rechtswesen ist zu klären, wer seiner Verantwortung in Relation zu rechtlichen Normen nicht entsprochen hat. Es geht um das juristische "Ethos": Wer ist schuld, wenn jemand plötzlich abbiegt und daher ein Unfall entsteht?

7. Bei pädagogischen Diskussionen ist sehr oft die "alte" Schule schuld. Erinnert sich niemand mehr an die "ganz alte" Schule mit Lehrpersonen, die beim Erkennen, beim Einsehen von Zusammenhängen oder beim Begründen von Werten wie großartige "Hebammen" halfen? Ob es um gute Ärzte, geschickte Fliesenleger oder geduldige Altenpfleger geht: Die Menschen werden an ihrem konkreten Ethos, ihrer Tüchtigkeit, ihrer Humanität, ihrer Gelassenheit, ihrem Humor oder was auch immer gemessen. Denken Die Verantwortlichen in der Lehrerausbildung und der Schulaufsicht auch daran?

Karl Heinz Layr ist Sonderschullehrer, Volksschullehrer und Volksschuldirektor seit 1983.