"Kundenorientiert" und "innovativ" - diese Eigenschaften schreiben sich viele Unternehmen selbst zu und verewigen sie dann - für alle gut sichtbar - in ihrem Firmenprofil, zum Beispiel auf ihrer Homepage. Wenn dann der erste Brief des Unternehmens beim Kunden ins Haus flattert, ist es mit der Kundenorientierung und Innovation aber oft nicht weit her. Vor allem Briefe in Rechtsangelegenheiten sind oft schwer oder trotz wiederholter Lesebemühungen gar nicht verständlich.
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"Es ist noch immer so, dass sich die Leute nicht trauen, Alltagssprache zu verwenden", erzählt Axel Ebert der "Wiener Zeitung". Ebert hat sich unter der Marke wortwelt® auf serviceorientierte Schreibkultur spezialisiert.
Die Bürokratiesprache ist nach wie vor in den Ämtern, Unternehmen und vor allem den Köpfen der Menschen verankert, was mitunter kuriose und makabere Blüten treiben kann, wie z.B. in der Antwort auf ein Bewerbungsschreiben, in der steht: "Wir möchten diese Ablehnung nicht mit einer Abwertung Ihrer Person oder Ihres Charakters verbunden wissen". Oder die "Drohung": "Für Ihre Erledigung haben wir uns den 9.12. vorgemerkt". Dass es auch anders geht, zeigen die Gewinner der wortwelt® 2003 - ein Preis, der von der PR-Agentur Trimedia und wortwelt® ins Leben gerufen wurde und von der Industriellenvereinigung und dem Fachverlag "Horizont" unterstützt wird. Der Preis prämiert in verschiedenen Kategorien gelungene Alltagskorrespondenz in Unternehmen. Rund 130 Briefe und E-Mails wurde eingereicht.
Der erste Preis in der Kategorie "Bewerber-Antwortbriefe" ging an die Bausparkasse Wüstenrot AG (siehe oben links). "Ein gutes Beispiel dafür, wie man ein Ablehnungsschreiben sympathisch und klar formuliert. Der Bewerber fühlt sich geschätzt und nicht - wie bei anderen - in der Rundablage abgelegt", erläutert Ebert.
Bei den "Personalbriefen an MitarbeiterInnen" ging der Hauptpreis an die ICI Österreich GmbH: "... beim Seminar Mitarbeitergespräche wurde eines besonders deutlich: Wir alle wünschen uns mehr und bessere Kommunikation ... - von besonders vielen Seiten kam die Idee eines monatlichen Fixtermins zum Informationsaustausch. MACHEN WIR DAS DOCH! ...". Der Aufruf in dem internen E-Mail an die MitarbeiterInnen überzeugt durch den sympathisch natürlichen und motivierenden Ton (aktive Verben, Rufzeichen). Ausgezeichnet (Platz 3) wurde auch das Magistrat Linz für das Projekt "Amtsdeutsch a.D.".
"Als ich vor einigen Jahren im Magistrat Linz zu arbeiten angefangen habe, musste ich meine Sprache aufgeben und die Amtssprache lernen", meinte dazu Karin Frohner, Leiterin des Amtes für Presse und Information. "Jetzt haben wir den Ehrgeiz, dass kein amtsdeutsches Schreiben mehr die Stadt verlässt." Die Richtlinien für den Schriftverkehr der Stadt Linz wurden von Mitarbeitern aus allen Geschäftsgruppen erarbeitet und in einem Handbuch zusammengefasst. Außerdem gibt es laufend Wording-Workshops für die MitarbeiterInnen.
"Wording ist ein Teil der Unternehmenskommunikation und betrifft daher das gesamte Unternehmen", bestätigt Claudia Riedmann von Trimedia die Strategie, mehrere Abteilungen im Unternehmen in den Wording-Prozess einzubinden. Und auch die Unternehmensführung müsse hinter dem Projekt Wording stehen und auch selbst Lernbereitschaft zeigen. "Die Kommunikation muss zu dem jeweiligen Unternehmen passen", betont Wording-Spezialist Ebert: "Ein guter Brief sieht daher von jedem Unternehmen anders aus." Allerdings gibt es ein paar grundsätzliche Regeln, die die Texte jedenfalls verständlicher machen: Attraktivität, Einfachheit, Gliederung und Kürze. Diese Kriterien erfüllte auch der Gewinnerbrief in der allgemeinen Klasse der Top- und Flopbriefe: Ein Mahnschreiben des Hotels Corvinus (siehe rechts oben).
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