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"Worst-Case-Szenario wäre Anschlag"

Von Alexia Weiss

Politik

Paul Haber betreut Makkabiade-Sportler. | Kaschrut auch bei Medizin zu beachten.


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Wien. Bisher ist alles gut gegangen. 1800 Sportler nehmen seit einigen Tagen an den europäischen Makkabi Spielen teil, mit der einen oder anderen Verletzung muss dabei vor allem in den Mannschaftssportarten immer gerechnet werden. Für die optimale Versorgung im Ernstfall ist Paul Haber zuständig. Die medizinische Betreuung bei einer Großveranstaltung wie jener der jüdischen Spiele ist für den Sportmediziner, der früher selbst im Spitzensport aktiv war, etwas ganz Neues, wie er sagt. "Hier muss man in ganz anderen Dimensionen denken als in der Einzelversorgung, in der ich sonst tätig bin."

Der Worst Case wäre für ihn ein Terroranschlag mit Toten und Verletzten - doch auf einen solchen könne man sich ohnehin nicht adäquat vorbereiten. Und man wolle auch gar nicht damit rechnen. "Wenn das passiert, greifen die Notfallpläne der Polizei, der Stadt Wien." Als realistischeren Worst Case stuft er daher eine Durchfallepidemie ein.

Dennoch sind die Spiele für ihn eine besondere Herausforderung, alleine weil die überwiegende Mehrheit der hier antretenden Sportler Amateure sind. "Im Vergleich zu einem Profisportler verfügen sie also über weniger Körperbeherrschung, sind insgesamt einfach nicht so gut trainiert", sagt er. Die Wahrscheinlichkeit von Brüchen, Prellungen und Verstauchungen sei daher höher.

Eine Besonderheit bei einer jüdischen Großveranstaltung ist, dass hier auch Menschen teilnehmen, die sich an die Kaschrut, also die jüdischen Speisegesetze, halten. Diese werden auch bei Medikamenten schlagend. Handelt es sich um lebenswichtige Arzneien, sind die Inhaltsstoffe egal. Ist der Betroffene aber nicht lebensbedrohlich erkrankt, muss beispielsweise darauf geachtet werden, dass Kapseln keine Gelatine - ein bei Medikamenten häufiger Inhaltsstoff - enthalten. Gelatine wird meist aus dem Bindegewebe vom Schwein hergestellt und ist daher nicht koscher.

Ärzte stehen bereit

Die Kaschrut spielen natürlich auch bei der Versorgung der Sportler mit Speis und Trank eine Rolle. Alle Mahlzeiten für die Teilnehmer werden in einer Großküche in Wien ausnahmslos koscher hergestellt. Abgesehen davon muss freilich wegen der hohen Temperaturen immer genug Wasser zur Verfügung stehen, um möglicher Dehydrierung vorzubeugen.

Die Spiele haben mit dem Roten Kreuz einen Vertrag abgeschlossen, das auf dem Campus der Spiele - untergebracht auf dem Areal zwischen Zwi Perez Chajes-Schule und Praterstadion - präsent ist. Verantwortliche an den einzelnen Sportstätten fordern im Bedarfsfall einen Wagen an, der dann innerhalb weniger Minuten vor Ort sein kann. Mit an Bord ist in jedem Fall ein Notarzt. Ist ein Transport in ein Spital erforderlich, erfolgt dieser ins Allgemeine Krankenhaus.

Dort hat Haber 1984 im Fach Sport- und Leistungsmedizin habilitiert, dort war er 1992 Mitbegründer der Abteilung Sport- und Leistungsmedizin. Heute leitet er das Zentrum für medizinische Trainingstherapie und Trainingsberatung in Wien. Haber ist zudem Präsident des jüdischen Sportklubs Hakoah. Zuletzt wurde er im Mai auch zum Präsidenten des Wiener Landesverbandes des ASVÖ gewählt. 1992 und 1996 betreute er die österreichische Olympia-Mannschaft als Teamarzt.

Doch nicht immer ist eine Versorgung in einem Krankenhaus nötig. In den Räumlichkeiten der jüdischen Schule im Prater verrichtet während der Bewerbe stets ein praktischer Arzt oder Internist Dienst. Mit einem Röntgeninstitut, Labors, einem Zahnarzt, einem Gynäkologen, aber auch einer Apotheke wurden zudem Kooperationsvereinbarungen getroffen. Die Kontakte sind im Internet unter www.emg2011.eu abrufbar. Damit auch weiterhin nichts passiert, wenn was passiert.