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Wortmusik, ideal fürs Radio

Von Hermann Schlösser

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Am Montagabend war das Wetter in Wien schlecht, und vom Mond am Himmel war nichts zu sehen. Zur Entschädigung konnte man in Ö1 eine "Mondmaschine" besteigen. "Mondmaschine selbdritt" nannte Birgit Schwaner ihr Hörspiel, das in Lukas Cejpeks Regie gesendet wurde. Wovon der Text "handelte", ist einerseits leicht zu sagen, andererseits gar nicht: Wohl gab es eine Art Story, doch wurde sie nicht erzählt. Sie schimmerte hinter den Sätzen hervor wie Mondlicht hinter den Wolken. Es ging um zwei Frauen, einen Mann, eine Mondfahrt, eine glückliche Rückkehr auf die Erde und um einen Mord am Ende.

Dem Sprachklang nach ist es vom Mond zum Mord ja nicht weit. Und bei diesem Hörspiel musste man vor allem dem Sprachklang folgen. Seine eigentliche und eigene Schönheit lag nämlich in der Musik der Sätze und Wörter, die von den Sprecherinnen und Sprechern kongenial zum Klingen gebracht wurden. Die Sprache changierte zwischen edler Poetizität, leiser Traurigkeit und wortspielerischer Lustigkeit - "have no fear" sagt die Männerstimme, und die Frauenstimme erwidert: "sagtest du vier, ich dachte, wir wären zwei". Der Sprachreichtum entsteht wohl dadurch, dass die Autorin die Bedeutungsvielfalt der Wörter ausleuchtet, oder, wie sie selbst dichterischer sagt: Bei ihr "kippen die sonnigen Seiten der Wörter ins Schattige". Wenn sich aber die sonnige Seite verdunkelt, tritt die mondige hervor. Die Vokabel "mondig" steht nicht im Duden. Genau deshalb eignet sie sich zur Beschreibung von Birgit Schwaners abendlichem Höhenflug besonders gut.