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Wozu eigentlich Österreich

Von Walter Hämmerle

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Andere Staaten leben für Freiheit, Glück und den Weltfrieden. Wir konzentrieren uns auf den öffentlichen Rundfunk und die Wasserversorgung.


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In den alten Zeiten war es eine einfache Sache, den Daseinszweck eines Gemeinwesens auf den Punkt zu bringen: Meist war dieser mit den Interessen der jeweils Mächtigen ident. Mit dem Wohl der Großen und Reichen allein ist heute allerdings kein Staat mehr zu machen (obwohl es nach wie vor Menschen gibt, die vom Gegenteil überzeugt sind).

Der moderne Staat fühlt sich gemeinhin zu Höherem berufen, weshalb er sich ganz bestimmte Staatsziele setzt, die zu erreichen er seinen Bürgern zu garantieren versucht. Bei manchen ist das in Verfassungsform gegossene Prosa. Die USA zum Beispiel erheben "Liberty and the Pursuit of Happiness", also das Recht auf Freiheit und Streben nach Glück für alle Menschen rhetorisch zu einem ihrer zentralen Staatszwecke. Das kann man übertrieben und anmaßend nennen, klingen tut es aber auf jeden Fall ganz wunderbar. Von einem verwandten Selbstbewusstsein wird auch Frankreich getragen, das sich Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit auf die Trikolore heftet. Und etliche weitere Beispiele ließen sich aufzählen. Deutschland etwa setzt sich in seiner Präambel zum Grundgesetz zum Ziel, "als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen". Auch nicht schlecht.

Österreich, obwohl ja angeblich eine theatralisch talentiert veranlagte Nation, kann mit solchem Pathos nicht aufwarten. Und so lesen sich auch die verfassungsrechtlich festgelegten Staatsziele, die noch dazu recht verstreut im Rechtskorpus der Republik verstreut sind. Hinzu kommt, dass sie sich mitunter seltsam abstrakt lesen, beseelt von einem Gefühl des politischen Strebertums. Als da wären also: (1) der Erhalt des Gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts; (2) die Prinzipien Nachhhaltigkeit, Umwelt- und Tierschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung sowie die Freiheit der Forschung; (3) die Gleichbehandlung von Mann und Frau; (4) die Gleichbehandlung von Behinderten; (5) die Umfassende Landesverteidigung samt (6) Neutralität; (7) Rundfunk als öffentliche Aufgabe; (8) Verbot der nationalsozialistischen Wiederbetätigung und schließlich (9) noch ein Bekenntnis zur Bildung.

Zeitgeistliches Detail am Rande: Als der Österreich-Konvent 2003/2004 in einem eigenen Ausschuss über einen künftigen kompakten Staatsziel-Katalog beriet, wurde die Umfassende Landesverteidigung diesbezüglich für obsolet erklärt. Heute steht Sicherheit wieder ganz oben auf der staatlichen Agenda. Und die europäische Dimension fehlt überhaupt.

Natürlich versuchte sich der Österreich-Konvent auch an einer Neufassung der Grundprinzipien und Staatsziele. Allerdings war, wie so oft, kein Konsens der Parteien zu erreichen. Auch nach 70 erfolgreichen Jahren haftet diesem Land bis heute etwas Improvisiertes, ein mühsam gezimmerter Kompromiss an. Deshalb die Manie zum juristischen Detail auf Kosten des Pathos eines gesamtgesellschaftlichen Überbaus: kein Wort von Freiheit, Solidarität oder Frieden, vom Streben nach Glück ganz zu schweigen. Dafür öffentlicher Rundfunk, Forschung und Wasserversorgung.

Gut möglich, dass hierin ein nicht unwesentlicher Teil der Erklärung liegt, warum sich dieses Land mit Neuem und Fremdem so schwer tut.