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Wozu in die Ferne schweifen

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Steueroasen stehen weltweit am Pranger, der deutsche Finanzminister Schäuble hätte gerne die Unterlagen, und was tut Österreich? Wenig eigentlich, und das schon seit Jahren. Nun mag es ja tatsächlich sein, dass Österreich mit Stiftungsrecht und Bankgeheimnis in einem Glashaus sitzt, in dem man nicht gern mit Steinen wirft. Doch aus Sicht des heimischen Steuerzahlers wäre ein rigides Vorgehen des Finanzministeriums gegen die Schattenwelt des Geldes schon seit längerer Zeit wünschenswert.

Wenn sich Deutschland über das blickdichte Geflecht des verstorbenen Gunter Sachs echauffiert, kann Österreich dazu müde lächeln.

In praktisch jedem Finanzskandal des Landes seit den 1990er Jahren verschwand Geld über Briefkastenfirmen in Steueroasen. Bei Bawag (I und II), Amis, Hypo Alpe Adria, Meinl und bei den Ermittlungen gegen Grasser, Mensdorff-Pouilly, Kovats (A-Tec). Diese unvollständige Liste hat eine Gemeinsamkeit: Die Spuren des verschwundenen Geldes enden auf Inseln zwischen Ärmelkanal und Südpazifik, die nichts kontrollieren und dafür wenig Steuer verlangen.

Es ist in den vergangenen 20 Jahren nicht überliefert, dass irgendeinem Finanzminister je der Kragen platzte. Ob Flöttl junior das Geld der Bawag tatsächlich verspekuliert hat, ist nicht endgültig geklärt. Warum der Staat nicht ernsthaft versucht, bei Amis Geld wieder hereinzubringen, ist auch nicht wirklich klar.

Die "Offshoreleaks"-Geschichte bringt nun Bewegung in die Sache. Nach dieser "Privat-Initiative" sollten auch die EU-Finanzminister aktiv werden. 27 Regierungen, 27 Notenbanken und 27 Aufsichtsbehörden sollten doch genügend Kraft aufbringen, um schwarzes Geld einer sinnvollen Verwendung zuzuführen - etwa fürs EU-Budget zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Die Deutsche Bank steht bereits am Pranger, sie soll betuchte Kundschaft mit maßgeschneiderten Steuervermeidungs-Konstrukten versorgt haben. Sehr viele andere Geldinstitute in der EU tun das auch, bei manchen trägt es das Geschäft.

Doch selbst wenn die Banken nur ausführen, was diese Kunden verlangen (also einen Bedarf befriedigen), so sind sie doch der Dreh- und Angelpunkt zur Austrocknung der Steueroasen. Ohne Bankkonto geht es nicht. Der global liberalisierte Kapitalverkehr brachte den Banken enorme Vorteile. Dem sollte enorme Verantwortung gegenüberstehen.