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Wulff und der Klüngel

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

Fall des deutschen Bundespräsidenten verweist auf enge Verflechtungen.


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Berlin. Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff kommt nicht aus den Schlagzeilen. Neun Strafanzeigen von Privatbürgern sind bisher gegen ihn eingegangen, die Staatsanwaltschaft Hannover prüft. Die neueste brisante Nachricht kommt aus seiner Ecke: Wulffs Anwalt Gernot Lehr räumte ein, dass der Unternehmer Egon Geerkens an den Verhandlungen um den umstrittenen 500.000-Euro-Kredit an den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten beteiligt war.

Geerkens, der selbst im Immobiliengeschäft tätig war, habe dem Ehepaar Wulff bei der Suche nach einem geeigneten Haus geholfen. Und auch bei den Verhandlungen über den 2008 gewährten Kredit war er dabei: "Die Modalitäten wurden gemeinsam besprochen, das Darlehen von Edith Geerkens gewährt", schreibt der Anwalt.

Bemerkenswert ist das deshalb, weil Wulff im Februar 2010 auf Anfrage der Grünen erklärt hatte, "in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen" mit Geerkens und dessen Firmen gehabt zu haben. Den Kredit der Ehefrau verschwieg er. Dennoch steht die schwarz-gelbe Regierungskoalition, die ihn zum Bundespräsidenten gemacht hat, fest hinter Wulff, wie Wortmeldungen von Verteidigungsminister Thomas de Maiziere, Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) und FDP-Generalsekretär Patrick Döring vom Mittwoch belegen.

Wulff werden auch Urlaube auf Einladung von befreundeten Unternehmern vorgeworfen. Zuletzt wurde bekannt, dass der AWD-Gründer Carsten Maschmeyer eine Anzeigen-Kampagne für ein Wulff-Buch während dessen Wahlkampf bezahlt hatte. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach in diesem Zusammenhang von dem Verdacht verdeckter Parteienfinanzierung. Sie forderte Aufklärung über das "System Hannover", bei dem in der niedersächsischen Hauptstadt ähnlich wie seinerzeit beim Amigo-System in Bayern Politik und Wirtschaft verflochten seien.

Tatsächlich gilt der "Hannoversche Klüngel" schon länger als ein Netz von Gefälligkeiten, und als sein Zentrum wird immer wieder Maschmeyer genannt. Dieser tritt auf dem Society-Parkett mit seiner Freundin, der Schauspielerin Veronica Ferres, auf, pflegt aber auch enge Kontakte zur Politik, und zwar unabhängig von Parteizugehörigkeiten. Als es in der Landtagswahl 1998 auch darum ging, ob Gerhard Schröder oder Oskar Lafontaine SPD-Kanzlerkandidat werden sollte, schaltete der Unternehmer ganzseitige Anzeigen mit dem Motto: "Der nächste Kandidat muss ein Niedersachse sein." Schröder gewann die Wahl, der CDU-Gegenkandidat beschwerte sich - sein Name: Christian Wulff. Maschmeyer entschuldigte sich bei ihm.

Aber auch zu anderen Unternehmern unterhielt Wulff, wie in der Landespolitik üblich, enge Verbindungen. Bei politischen Gegnern legte er allerdings engere Maßstäbe an als an sich selbst. Als gegen den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau Vorwürfe auftauchten, er habe sich von der Landesbank West LB Flüge zahlen lassen, forderte er ihn zum Rücktritt auf und ruderte erst nach Intervention durch Parteikollegen zurück. Und als Gerhard Glogowski, nach Schröder Landeschef von Niedersachsen, 1999 wegen einer gesponserten Ägyptenreise in die Kritik geriet, betonte Wulff, Vorteilsnahme sei "mit dem Amt des Ministerpräsidenten nicht vereinbar". Glogowski trat später zurück.