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Wundertüte im Kasten

Von David Axmann

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Fußball-Europameisterschaft! Spielberichte, Analysen, Prognosen und Informationen erhalten Sie von der Sportredaktion. Hier wird versucht, die Leistungen der Fernsehberichterstattung von der Euro 2004 zu beurteilen, und zwar im direkten Vergleich zwischen ORF und ARD/ZDF.

Die Kommentatoren erzählen uns meist nichts Neues. (Zumindest nicht dem Fachmann - und fast jeder vorm TV-Gerät ist ja ein solcher.) Meist wiederholen sie, was man gerade gesehen hat ("Zidane, Henry, Pires, Abseits"; "Poborsky übers Tor"; "katastrophaler Fehlpass von der Nummer 5"). Zwischendurch berichten sie (oft schon bekannte) Fakten aus der Vergangenheit der Spieler und erzählen (sportlich meist wertlose) Fußballer-Anekdoten. Zwei- bis dreimal pro Halbzeit liefern sie Kurzanalysen des bisher Geschehenen, wobei sie in der Regel zu den gleichen Schlüssen kommen wie später die Top-Experten.

Inhaltlich bietet die deutsche Mannschaft (Beckmann, Kerner, Simon & Co.) das Gleiche wie das österreichische Team unter Führung von Huber & Seeger; aber in sprachlicher und stilistischer Hinsicht sind unsere mündlichen Spielbegleiter hörbar unterlegen.

Die Deutschen verfügen über einen größeren Wortschatz, wirken ruhiger, nüchterner, witziger und kommentieren grundsätzlich eleganter. Allerdings sind auch sie vor missglückten Sprachbildern nicht gefeit: Dort "steht eine Wundertüte im Kasten", hier "knabbern sie sich Richtung gegnerisches Tor", wohl deshalb, weil es "ein Spiel ist, das mit offenem Visier geführt wird". Glücklicherweise kann man ja den Ton abschalten; dann sieht man meist klarer.