Forscher an der ETH Zürich fanden funktionellen Zusammenhang.
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Wien. Ein Eiweißstoff namens Activin, der Wunden rascher heilen lässt, scheint in direktem Zusammenhang mit einem schnelleren Wachstum gefährlicher Hauttumore - den Plattenepithelkarzinomen - zu stehen. "Wir glauben nicht, dass Activin alleine den Tumor auslöst" - dafür sind andere Faktoren wie etwa überdosierte Sonneneinstrahlung verantwortlich -, jedoch konnte im Mausversuch nachgewiesen werden, dass "ein Übermaß dieses Proteins ein schnelleres Wachstum fördert", betonte die Zellbiologin Sabine Werner von der ETH Zürich am Dienstag im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Activin ist nicht direkt für die bösartige Entartung der Keratinozyten - der hornbildenden Zellen der Oberhaut - verantwortlich, programmiert aber über einen Umweg verschiedene Immunzellen um. So hemmt es etwa die Teilung von sogenannten Gamma-Delta-T-Zellen der Epidermis (Oberhaut), die Tumorzellen erkennen und töten sollten. Dadurch wird der Tumor nicht mehr attackiert. Activin stimuliert auch sogenannte regulatorische T-Zellen, die den Angriff des Immunsystems auf den Tumor hemmen.
Activin höher konzentriert
In ihrem Modell mit transgenen Mäusen konnte das Forscherteam um Sabine Werner die Relevanz von erhöhten Activin-Mengen für die Tumorbildung verdeutlichen. Unterzogen sie transgene und nicht-transgene Kontrolltiere einem bestimmten Vorgehen, welches die Bildung von Hauttumoren auslöst, entwickelten die transgenen Tiere in kurzer Zeit sehr viel mehr Tumore. Diese wuchsen überdies schneller und wurden leichter bösartig als die Krebswucherungen bei der Kontrollgruppe. Verglichen mit ihren "normalen" Verwandten waren prozentuell gesehen mehr transgene Mäuse verkrebst.
In Zusammenarbeit mit den Hautkliniken in Lausanne und Zürich wurden die Bösartigkeit der in den Mäusen gefundenen Tumore sowie der Activin-Pegel in menschlichem Krebsgewebe bestimmt. Die Forscher kamen auf dasselbe Ergebnis: Activin lag in erhöhter Konzentration vor.
Das Plattenepithelkarzinom ist eine Unterart des weißen Hautkrebs und der zweithäufigste bösartige Hauttumor. Plattenepithelkarzinome entwickeln sich in erster Linie auf dem Boden schwer lichtgeschädigter Haut bei bereits vorhandenen aktinischen Keratosen - eine durch UV-Strahlung verursachte chronische Schädigung der verhornten Oberhaut. In selteneren Fällen entstehen Plattenepithelkarzinome aus chronischen Wunden, Verbrennungsnarben oder anderen Hauterkrankungen.
In einem nächsten Schritt soll untersucht werden, ob es eine Möglichkeit gibt, Activin zu blockieren. Ist der Botenstoff inaktiv oder nicht vorhanden, heilen Wunden zwar viel langsamer. Dafür bildet sich viel weniger störendes oder nichtfunktionales Bindegewebe, das für Narben charakteristisch ist.
Für eventuelle künftige Therapien lässt sich ableiten, dass jeder Tumor spezifisch darauf untersucht werden muss, wie er auf Activin reagiert. "Das führt uns zur personalisierten Medizin", so Werner abschließend.