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Wunsch des Chefs: Hauptsache schön

Von Simon Rosner

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Vor den Feiertagen erschien in mehreren deutschen Tageszeitungen ein Interview mit dem deutschen Teamchef Joachim Löw. Es war ein ruhiges, entspanntes Gespräch über dies und jenes, natürlich auch über den Fußball; ein der besinnlichen Jahreszeit angemessenes Interview, könnte man sagen. Das Besondere daran war, dass in keiner einzigen dieser 37 Fragen eine Kritik am Bundestrainer herauszulesen war. Aber wo sollte diese Kritik auch ansetzen? Vermutlich hat es in der Geschichte des deutschen Fußballs noch keinen einzigen Teamchef gegeben, der derart respektiert und geschätzt wird wie Joachim Löw. Er ist in der komfortablen Lage, Entscheidungen treffen zu können, die vielleicht auf den ersten Blick überraschend sein mögen, die den einen oder anderen vor dem Kopf stoßen mögen, aber vermutlich werden selbst diese eine innere Gewissheit verspüren, dass Löw das Richtige tut.

Joachim Löw hat mit der Nationalmannschaft bisher keine Titel gewonnen, aber er hat dem ganzen Land bewiesen, dass Deutsche nicht nur erfolgreich, sondern attraktiven Fußball spielen können. Trotz seiner Triumphe war der Ruf des deutschen Kicks in der Prä-Löw-Ära ja eher verheerend. Das ist jetzt gänzlich anders. Und nun sagt sogar Theo Zwanziger, der Chef Joachim Löws: "Erfolg heißt für mich, schönen Fußball zu spielen." In früheren Zeiten hätte sich kein DFB-Präsident getraut, so einen Satz auszusprechen, er wäre sofort für einen Holländer gehalten worden. Denn die tätigten einst gerne solche Aussprüche und wurden von den Deutschen sofort bezichtigt, sich doch nur das ständige Verlieren schönzureden. Offenbar erfreut sich jetzt aber auch Deutschland ganz offiziell am schönen Spiel jenseits des Resultats. Hauptsache schön. Joachim Löw hat eigentlich nichts zu verlieren.