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Regierung in Zagreb hoch motiviert. | Zagreb. Ivo Sanader kennt keinen Pessimisten, der sein Ziel erreicht hätte. Daher zieht es der kroatische Premier vor, optimistisch zu sein: Sein Land solle 2009 der Europäischen Union beitreten, erklärte Sanader gestern, Mittwoch, vor einer österreichischen Journalistengruppe. "Wir sind bereit, die Beitrittsverhandlungen 2008 abzuschließen", sagte er. Kroatien habe nämlich auch vor Beginn der Gespräche im Oktober des Vorjahres nicht geschlafen und seine Anstrengungen verstärkt.
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Die Debatte um die Aufnahmefähigkeit der Union und ein Scheitern der EU-Verfassung habe keine Auswirkungen auf Kroatien, meint der Premier. Denn rechtlich gesehen könnte das Land auch auf Basis des derzeit geltenden Vertrages von Nizza aufgenommen werden.
Ob der Beitrittskandidat allerdings in derart kurzer Zeit die Verhandlungen beenden kann, ist fraglich. Alleine die technische Vorbereitung auf die Mitgliedschaft könnte drei bis vier Jahre dauern, gibt Mario Horvatic vom Außenministerium zu bedenken. Zusätzlich muss Kroatien Reformen im Bereich der Justiz, Verwaltung und Korruptionsbekämpfung umsetzen. Dazu gehören Bürokratieabbau und die Gleichstellung aller Bürger - also Rechtssicherheit.
Voll Tatendrang
Erst eines der insgesamt 35 Verhandlungskapitel hat Kroatien abgeschlossen. Zwei weitere Kapitel möchte es noch während der österreichischen Ratspräsidentschaft schließen - was unwahrscheinlich erscheint. Zusätzlich muss es seine positive wirtschaftliche Entwicklung fortsetzen. Denn wenn auch Kroatien zu den wachstumsstärksten Ländern Europas zählt - die Industrieproduktion hat noch nicht einmal 82 Prozent des Vorkriegsniveaus von 1990 erreicht.
Auch elf Jahre nach dem Krieg muss jährlich eine Milliarde Euro für die Behebung von Kriegsschäden zur Verfügung gestellt werden. Die Privatisierung von großen Staatsbetrieben geht nur schleppend voran. Und jeder zehnte Kroate ist arbeitslos. Dennoch bescheinigt die EU Kroatien, eine funktionierende Marktwirtschaft zu sein. Zagreb geht heuer von einem Wirtschaftswachstum in Höhe von vier Prozent und drei Prozent Budgetdefizit aus. Auch die Inflation konnte seit mehreren Jahren niedrig gehalten werden. Zu den wichtigsten Einnahmequellen gehört mittlerweile wieder der Tourismus: Ein Viertel der Wirtschaftsleistung kommt aus diesem Bereich.
Kroatien möchte sich allerdings nicht nur als neuer Markt für die Europäische Union definieren. Es sieht sich als untrennbarer Teil Europas. "Es kann keine vollständige Integration der Union ohne Süd-Ost-Europa geben", formuliert es Staatspräsident Stjepan Mesic. Daher sei eine Mitgliedschaft in der EU nicht nur Kroatiens Wunsch sondern auch Schicksal.