Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Seit langem wünscht man sich, dass das Fernsehen endlich wieder einmal Serien mache, um die herum man das Leben arrangieren möchte, weil man unbedingt gesehen haben will, wie sich die vertrackte
Angelegenheit "Leben" weiter entwickelt. Nun, kurz vor Weihnachten hat sich dieser Wunsch erfüllt, und darüber kommt dennoch keine Freude auf: Die fünfteilige Familienchronik "Sturmzeit" begleitet
eine ostpreußisch-berlinerische Familie durch die Stürme des gerade zu Ende gehenden Jahrhunderts.
Nach einem Roman von Charlotte Link verfasste Wolfgang Kirchner das Drehbuch, das den Schauspielern Sätze in den Mund legt, die nicht einmal plausibel klingen: "Du siehst aus wie jemand, der schon
ganz viele Frauen hatte", sagt die junge Heldin 1914 beim ersten Rencontre à deux · im Berliner Hotel Adlon · zu ihrem künftigen Gatten mit großer Zufriedenheit im Gesicht. Es sollte uns nicht
wundern, dass sie den Fabrikantensohn heiratet, aber den Revolutionär liebt. So wunderbar unbegreiflich sind die Frauen glücklicherweise nur im Fernsehen. Die Handlung der "Sturmzeit" besteht vor dem
Hintergrund der deutschen Geschichte aus wirren Versatzstücken von Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen. Wenn man da an die gradiose "Löwengrube. Die Grandauers und ihre Zeit" denkt, dann könnte man über
diese vertane Chance weinen. Aber das Christkind kommt ja erst. Freuen wir uns auf den 3sat-Schnitzler-Schwerpunkt.