EU-Abgeordneter Brok sieht Chance für "historische Präsidentschaft". | Plassnik dämpft Erwartungen. | Wien. Elmar Brok, der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im EU-Parlament, hat hoch gesteckte Erwartungen an die kommende österreichische Ratspräsidentschaft. Er spricht von einer "historischen Chance" für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Der deutsche CDU-Abgeordnete sieht Österreich als Wegbereiter für die EU-Verfassung, die erst von 14 Staaten ratifiziert wurde.
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Es sei notwendig einen genauen Fahrplan für das weitere Vorgehen zu erstellen, damit die Verfassung "nicht im Nirvana" lande und 2008 in Kraft treten könne. Dass es am Text zu Änderungen kommen könnte, schließt Brok aus, weil dann die Verfassung von allen Staaten erneut abgesegnet werden müsste.
Außerdem habe die österreichische Ratspräsidentschaft noch einen weiteren Streit schlichten, nämlich jenen um die EU-Finanzen. Es müsse eine Einigung für den EU-Haushalt von 2007 bis 2013 gefunden werden. "Ein Kompromiss wäre sehr wichtig", meint Brok.
Er geht auch davon aus, dass mehr Geld für die Europäische Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zur Verfügung gestellt wird. Das GASP-Budget werde vorausichtlich von 100 auf 300 Millionen Euro erhöht. Außerdem mahnt der Vertraute der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ein stärkeres Mitspracherecht des EU-Parlaments ein.
"Mut zum Realismus"
Vor allzu hohen Erwartungen an Österreich warnt unterdessen Außenministerin Ursula Plassnik. Vielmehr sollte der Ratsvorsitz "Mut zum Realismus" zeigen. Der Blick müsse auf das Machbare gerichtet sein, erklärte die Ministerin bei einer Veranstaltung der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik - ohne auf Details einzugehen.
Anders als Brok will sie noch nicht davon ausgehen, dass Österreich einen Kompromiss in der Finanzfrage finden muss. Sie sei nämlich "zuversichtlich", dass die Briten während ihrer Ratspräsidentschaft bis Jahresende eine Einigung erzielen.
Bei der europäischen Verfassung hingegen ist laut Plassnik keine rasche Lösung in Sicht. "Wir sollten uns die Reflexionsphase nicht ersparen", sagte sie. Erst nach Bewertung der nationalen Überlegungen könne ein Beschluss über das weitere Vorgehen gefasst werden.
Ihre persönlichen Wünsche an Österreichs EU-Ratsvorsitz hält die Außenministerin allgemein: Mehr Vertrauen, mehr Klarheit über eine Reihe von wesentlichen Dingen und mehr Schwung sollte das Land in die EU bringen.