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Wurde bei Bawag-Verkaufsbeschluss Druck auf Gewerkschaft ausgeübt?

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Der Totalverkauf kommt für ÖGB nicht mehr in Frage. | Wien. Der Gewerkschaftsbund wird sich von seiner Bank trennen, dies ist und bleibt beschlossene Sache. Doch dieser überhastete Beschluss des ÖGB-Präsidiums soll nicht freiwillig erfolgt sein. So ist aus Gewerkschaftskreisen zu hören, Finanzminister Karl-Heinz Grasser habe erheblichen Druck auf den Bawag-Eigentümer ausgeübt.


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Die unmissverständliche Warnung habe entsprechenden Inhalt gehabt: Entweder die Bank wird verkauft oder die Finanzmarktaufsicht prüft so lange, bis weitere unschöne Details ans Tageslicht kommen. In Folge würde die Bank in weitere Turbulenzen geraten und bis zur Wahl nicht aus den Schlagzeilen kommen. Grassers Kabinettchef Mathias Winkler erklärt auf Anfrage der "Wiener Zeitung": "Das ist sind Gerüchte aus dem ÖGB-Umfeld. In welchem Ausmaß die Bank verkauft wird, ist allein Sache des Eigentümers."

"Sind nicht total naiv"

Offiziell will auch ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer nichts zur Causa sagen. Er betont allerdings, dass ihm der Trennungsbeschluss nicht leicht gefallen ist. Von einem Totalverkauf ist man im Gewerkschaftsbund allerdings schon abgekommen. Wie hoch der verbleibende Anteil sein soll, wird nicht verraten. Auch gibt es für den Verkauf keinen Zeitdruck. Laut Hundstorfer werde man solange warten, bis der Imageschaden der Bank verdaut und ein guter Preis herauszuholen ist: "Wer glaubt, dass wir wirtschaftspolitisch total naiv sind, hat sich geirrt." Dass für den ÖGB durch die Refco-Karibik-Skandale und die notwendige Haftung mit dem Streikfonds materieller Schaden entstanden wäre, bestreitet Hundstorfer vehement. Die Bawag-Dividende wäre für den ÖGB auch sonst nicht höher gewesen und für die Bank würde man selbst ohne Skandal nicht viel mehr bekommen.

Aufsichtsrat gewarnt

Die Bawag kommt nicht zur Ruhe. Die "Wiener Zeitung" erfuhr, dass der Bawag-Aufsichtsrat zum ersten Mal vor zwei Jahren vor Geschäften mit Ex-Refco-Chef Philip Bennett gewarnt wurde. Doch diese Warnungen, wonach es bei Refco nicht mit rechten Dinge zugehe, wurden jedesmal als unnötige Störaktionen vom Tisch gewischt. "News" berichtet über höhere Spekulationsverluste als bisher angegeben: Vom Sohn des ehemaligen Bawag-Chefs, Wolfgang Flöttl, wurden angeblich inklusive Zinsen fast 1,8 Milliarden Euro verjuxt. Die Bawag weist diese Zahlen als irreführend zurück: Der Gesamtverlust betrug 1 Mrd. Euro und wurde in den vergangenen Bilanzen verkraftet. Die Untersuchung aller Bawag-Flöttl-Geschäfte sei in Arbeit. Offen blieben 120 Mio. Euro, für die noch eine Haftung des Eigentümers bestünde. Wie die Verluste in den Bilanzen verdaut wurden, ist in Bankkreisen bekannt: Jede Immobilie und jede Beteiligung der Bawag und der P.S.K. wurde bis zum Limit aufgewertet.