Krisen als Chance für nachhaltiges Wirtschaften. | Besonders die Banken haben großen Aufholbedarf. | Wien. Tue Gutes und sprich darüber, lautet einer der Leitsätze unternehmerischer Sozialverantwortung (Corporate Social Responsibility - CSR). Demzufolge engagieren sich auch immer mehr Unternehmen für Klimaschutz, Menschenrechte oder die Sicherheit und Ausbildung ihrer Mitarbeiter. Die Erwartungen sind hoch: Wer nachhaltig handle, sichere sich langfristig Innovationen, Wettbewerbsvorteile und vertrauensvolle Beziehungen, heißt es.
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Im Zuge der Finanzkrise drängt sich die Frage auf, inwiefern im Finanzsektor nachhaltig gehandelt wurde. Börsenotierte Unternehmen haben sich zwar in den letzten Jahren - seit dem Enron-Skandal in den USA - selbst freiwillig reihenweise Regeln zur verantwortungsvollen Unternehmensführung auferlegt. Diese waren jedoch bindend. In Hochglanzbroschüren oder auf Homepages versprach man etwa "einen angemessenen Umgang mit Risiken" oder "Managemententscheidungen, die langfristig auf Wertschöpfung ausgerichtet sind". Dennoch liegt das Vertrauen in sie jetzt in einem Scherbenhaufen.
"Man hat sehr viele dieser Regeln nicht ernst genommen", vermutet CSR-Experte Philipp Gaggl von PricewaterhouseCoopers. "Sonst hätten die Verantwortungsträger öfter Vorsicht walten lassen und die Kunden und Geschäftspartner ehrlich informiert." CSR ist laut Gaggl ein wichtiger Teil des Risikomanagements. Allerdings: "Wenn die Führung nicht dahinter steht, können ethische Ansätze auch von Mitarbeitern nicht umgesetzt werden."
CSR als Allheilmittel?
Im Vergleich zu anderen Branchen orten Experten besonders bei Finanzinstituten noch viel Aufholbedarf. Dagegen mussten sich etwa Ölkonzerne frühzeitig mit nachhaltigem Wirtschaften auseinandersetzen. Einerseits übt die Öffentlichkeit einen gewissen Druck auf sie aus. Andererseits ist das Hantieren auf Ölplattformen zumindest körperlich gefährlicher als das Jonglieren mit Banknoten. So spielen die Arbeitssicherheit und der Umweltschutz eine zentrale Rolle bei den Energie-Unternehmen.
Auch vom Handel verlangen Konsumenten seit längerem mehr ökologisches Bewusstsein bei Erzeugung und Lieferkette der Produkte. Dieser öffentliche Druck blieb nach Meinung des Unternehmensberaters Gaggl bei den Banken bisher aus. Ihr Fokus sei allein auf finanzielle Aspekte gerichtet gewesen.
Krise bewirkt Umdenken
Die Finanzkrise könnte jetzt aber Anlass zum Umdenken geben - bei Bankkunden und bei Bankverantwortlichen: "Gerade in der jetzigen Krise, die nicht zuletzt auch eine Vertrauenskrise ist, werden diejenigen Unternehmen und Investoren profitieren, die erkennen, dass nachhaltige Entwicklung ihre Glaubwürdigkeit und damit auch Wettbewerbsfähigkeit steigert", betont Gaggl.
So müsse der Dialog zu den Kunden gesucht werden und überprüft werden, was ihnen wichtig sei. Beispielsweise könnten nachhaltige Produkte angeboten werden und Informations-Veranstaltungen stattfinden. Eine weitere sinnvolle - und plakative - Maßnahme sei auch, ressourcenschonend mit Papier und Energie umzugehen. Zum einen helfe das beim Kosten sparen, zum anderen zeige es das nachhaltige Engagement nach außen. Wenn viele Unternehmen diesen Prinzipien folgen, würde ein CSR-Wettlaufen zwischen den Instituten entstehen - ein Wettbewerb, von dem langfristig jeder profitiere.
Wenn darum geht einen Weg für die Banken aus der Krise zu finden, sind laut Gaggl strengere Gesetze alleine nicht ausreichend. "Ein Mitarbeiter wird nicht wegen einer Regel seinen Schutzhelm tragen, sondern aus Überzeugung", vergleicht Gaggl. Genauso gehe es künftig in der Finanzbranche darum, nicht nur Spielregeln zu ändern, sondern auch die internen Einstellungen.