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Am Donnerstag lautete das Match ÖVP-Generalsekretär gegen SPÖ-Sozialminister, es ging um die Pensionen. Wieder einmal. Ansonsten verbeißt sich derzeit am liebsten der rote Geschäftsführer um der irdischen Gerechtigkeit willen in den schwarzen Finanzminister.
Es gibt ja Experten, die das Konzept von SPÖ und ÖVP, die Arbeit der Opposition gleich mitzuerledigen, als kluge Strategie erachten. Damit wird FPÖ, Grünen, Neos und Co angeblich die Möglichkeit zur Profilierung genommen. Stimmt ja auch, irgendwie halt: Eine streitende Regierung ist meist eine bessere Geschichte als eine kritisierende Opposition. Zumindest für die Medien. Warum das so ist, ist nach den Erfahrungen der vergangenen 20 Jahre schon nicht mehr so klar.
SPÖ und ÖVP schwächen mit ihrer Doppelstrategie des Getrennt-Regierens und Gemeinsam-Streitens aber nicht nur die Opposition (und damit das Parlament als eigentlichen Ort der politischen Kontrolle), sondern auch die Institution der Regierung selbst.
Eigentlich sollte die Aura der höchsten Ämter in einer Republik ihren Trägern ja Gewicht und Würde verleihen. In Deutschland geht man sogar so weit, die Amtszeit eines Kanzlers mit dem politischen Zeitgeist seiner Generation gleichzusetzen. Erstaunlicherweise funktioniert das nicht nur bei den alten Ikonen Adenauer oder Brandt, sondern bei Schröder und Merkel bis in die Gegenwart. Kein Wunder, dass Kritiker dieser Überhöhung immer wieder eine Erdung des Amts einfordern.
In Österreich ist dieser Wunsch längst Realität. Ob eine Richtlinienkompetenz, wie sie deutsche Kanzler haben, dies hätte verhindern können, darf bezweifelt werden. In Österreich ist den Parteien das eigene Hemd näher als der republikanische Rock. Das beginnt beim Umgang mit der Verfassung und endet in den Scharmützeln des täglichen Kleinkriegs, der selten bis nie auf die Würde der Institutionen Rücksicht nimmt. Mitunter ist das aus Gründen der politischen Hygiene sogar notwendig. Österreich leidet allerdings unter einem doppelten Defizit: Es fehlt das Gespür für Zumutungen und das Bewusstsein für die Grenzen der Parteien, wobei Letzteres ursächlich mit Ersterem zusammenhängt.
Theoretisch ließe sich die Degradierung der Regierung zu Parteipolitikern sogar zum republikanischen Ideal schönreden. Praktisch belegt es nur den Ansehensverlust der gesamten Politik.