Klimawandel, steigende Nachfrage verknappen Gewürze. | Kotanyi plant Einstieg in Russland. | Wien. "So etwas haben wir noch nicht erlebt", sagt Erwin Kotanyi, Geschäftsführer des gleichnamigen Gewürzherstellers mit Sitz in Wolkersdorf in Niederösterreich. Gemeint ist der rasante Anstieg der Einkaufspreise für Gewürze, und zwar für Kräuter wie für Saaten gleichermaßen.
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Die Preise für Pfeffer, der oft als "Leitwährung" unter den Gewürzen bezeichnet wird, klettern seit eineinhalb Jahren beständig in die Höhe. Im Frühjahr wurde mit einer weiteren Erhöhung um rund 50 Prozent eine neue Preisspitze erreicht. Oregano ist jetzt viermal so teuer wie noch vor einem Jahr, Senfkörner dreimal, Kümmel habe sich um 50 Prozent verteuert, erzählt Kotanyi im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Dass die Preise derart in die Höhe schnellen, hat mehrere Gründe: Einerseits steigt der Gewürz-Konsum der Entwicklungsländer wie China und Indien, die gleichzeitig die Hauptanbaugebiete für viele Gewürzpflanzen wie etwa Pfeffer stellen, stetig. Diese Länder führen in der Folge weniger Gewürze aus.
Andererseits spielen klimatische Bedingungen den Gewürzherstellern übel mit: So hat die Hitze des vergangenen Sommers zu Missernten in vielen Anbaugebieten wie etwa in Süd- und Osteuropa geführt. Koriander sei durch massive Ernteausfälle derzeit so gut wie gar nicht mehr erhältlich, erzählt Kotanyi.
Wie wächst man mit Gewürzen?
Die Engpässe sind mittelfristig kaum zu beheben, denn viele Gewürzpflanzen brauchen eine Wachstumsphase von einigen Jahren, bis eine erste Ernte möglich wird. Doch auch andere Aspekte lassen darauf schließen, dass bei den Gewürzpreisen keine Entspannung in Sicht ist: Neben den Verpackungskosten, vor allem für Glas, steigen auch die Transport- und Logistikkosten, erzählt Erwin Kotanyi.
Der heimische Familienbetrieb zieht per Anfang nächsten Jahres die Konsequenzen und erhöht die Verkaufspreise um sieben bis acht Prozent.
Weil der Markt für Gewürze "nicht unbegrenzt" ist, wie der Firmenchef es formuliert, versucht sich Kotanyi immer wieder in Produktinnovationen, wie etwa der Einweg-Gewürzmühle aus Glas oder der Plastik-Dose für Grillgewürze. Die vor kurzem erfolgte Einführung eines Bio-Segmentes - derzeit sind sechs bis acht Bio-Gewürze und -Kräuter von Kotanyi bei den großen Supermarkt-Ketten in Österreich gelistet - sollen bald ein bis zwei Prozent des Umsatzes bringen. Bei einem Ausstoß von rund 8000 Tonnen will Kotanyi heuer die 100 Mio. Euro-Umsatz-Grenze überspringen.
Ganz große Hoffnungen setzt Kotanyi auch in die Auslandsexpansion: Mehr als die Hälfte des Umsatzes wird schon jetzt in Zentral- und Osteuropa erwirtschaftet, Tendenz stark steigend. Insgesamt ist das Wolkersdorfer Unternehmen in 20 Ländern vertreten.
Im ungarischen Szeged, dem Gründungsort des Gewürzherstellers, betreibt Kotanyi bis heute eine Produktionsstätte.
Das mit Abstand größte Geschäft will Kotanyi im nächsten Jahr jedoch in Russland machen. 15 bis 17 Prozent des Umsatzes könnten bald aus Russland stammen, hofft Erwin Kotanyi. "Im Markensegment könnten wir dort schon im nächsten Jahr Marktführer sein".
Immer weniger Hobbyköche
Unangefochtener Marktführer mit einem Marktanteil von rund 80 Prozent ist Kotanyi in Österreich, doch die Essensgewohnheiten der Österreicher bereiten dem 1881 gegründeten Traditionsbetrieb, der einst K.u.K.-Hoflieferant war, mitunter Sorgen.
"Die Convienience-Produkte nehmen uns die kochende Bevölkerung weg", meint Kotanyi. Um auch hier am Ball zu bleiben, denkt man in Wolkersdorf jetzt über Würzprodukte für Tielkühlkost oder sogar eigene Tiefkühlprodukte nach.