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"Yes we can - bin Laden good bye"

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Politik

Vor allem junge Menschen feierten lautstark am Ort der Anschläge von 9/11. | Jubelnde Massen auch vor dem Weißen Haus in Washington. | New York. Sie kamen aus allen Himmelsrichtungen und spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem sie angekommen waren, ließen sie alle Rücksicht auf die Nachtruhe der Anrainer fahren. Sie schrien "Fuck you, Osama" und "bin Laden, good bye", sangen "God bless America", dazwischen immer wieder "The Star-Spangled Banner", die amerikanische Nationalhymne. Und: "Yes, we can" oder "Yes, we did", den Wahlspruch ihres Präsidenten und seine moderne Abwandlung. | Obama-Rede in Wortlaut und Video | Das Ende einer langen Jagd | Analyse: Klarer Punktsieg für Obama | Nun herrscht weltweit Angst vor Vergeltung' | Erleichterung auch bei Muslimen | Vom Lebemann zum Terror-Paten | Requiem für Islamisten-Terror? | Interview mit dem Djihad-Experten Nico Prucha


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Downtown New York City, Ecke Church Street und Vesey, am zweiten Mai 2011, kurz nach Mitternacht. In der Nacht, als die Nachricht vom Tod Osama bin Ladens die amerikanische Ostküste erreichte, war eine der lautesten Städte der Welt für ein paar Stunden noch ein bisschen lauter als sonst. Nachdem Präsident Barack Obama die Tötung des meistgesuchten Terroristen der Welt durch Spezialeinheiten des US-Militärs bestätigt hatte, zogen Hunderte Menschen zu jenem Ort, der hier wie im Rest der Welt für immer mit seinem Namen verbunden bleiben wird. Seit am 11. September 2001 in dem von dem saudi-arabischen Scheich geleiteten Trainingscamps in Afghanistan ausgebildete Terroristen zwei Flugzeuge ins World Trade Center steuerten, ist die Welt eine andere. Noch immer klafft ein riesiges Loch dort, wo einst die beiden höchsten Gebäude der Stadt standen. Am Tag, als Osama starb, diente die Baustelle als Mahnmal und Ausdruck nationalen Selbstbewusstseins gleichzeitig, genau wie damals, nachdem sich der erste Rauch gelegt hatte.

Das Ausmaß der Genugtuung der späten Rache am Erzfeind der Vereinigten Staaten ließ sich in dieser klaren New Yorker Frühlingsnacht höchstens erahnen. "Mir ist schon klar, dass damit die Terrorgefahr nicht gebannt ist. Aber bin Laden war der Kopf der Terroristen von Al-Kaida, die hinter 9/11 steckten. Dass wir ihn jetzt endlich erwischt haben, zeigt, dass wir in der Lage sind, den Job zu erledigen. Auch wenn er wahrscheinlich nur mehr als Symbol gefährlich war." Skyler Leighton ist Anfang 30, sie arbeitet als Investmentbankerin in einem der nahen Hochhäuser, die vor zehn Jahren verschont wurden. Auch wenn sie die Bilder des Anschlags damals nur im Fernsehen sah, zuhause in Massachusetts, "kommt es mir bis vor, als wäre ich dabei gewesen. Deshalb wollte ich heute unbedingt hierher zurückkommen, nachdem ich die Nachricht gehört hatte. Ich war ja schon nach Hause gegangen."

Ein schwarzer Mittfünfziger in einer braunen Lederjacke, auf deren Rücken in dicken Buchstaben "Marine Corps" steht, hat sich unter die Menge gemischt. Er bietet Leighton und ihrem Begleiter kleine US-Flaggen zum Verkauf an, fünf Dollar pro Stück. Leighton lehnt dankend ab, "für meinen Patriotismus brauche ich keine Stars and Stripes." Als ein mutiger Mann, der Kleidung nach ein Banker aus der nahe gelegenen Wall Street, eine Straßenlaterne erklimmt und oben angekommen eine XXL-Version der Stars and Stripes enthüllt, stimmt aber auch sie in den patriotischen Chor mit ein: "USA! USA! USA!". Es sind vor allem junge Leute zwischen 20 und 40, die sich am Rande der Baustelle eingefunden hatten, um eine Party zu feiern. Als das World Trade Center einstürzte, waren viele von ihnen noch Kinder oder Teenager.

"Der schönste Tag der US-Geschichte"

Jubelnde Massen feierten den Tod des Topterroristen Osama bin Laden auch auf den Straßen der amerikanischen Hauptstadt Washington. Die Nachricht zog am späten Sonntagabend Hunderte Amerikaner ins Stadtzentrum. Mit wehenden Flaggen zogen sie singend und tanzend ums Weiße Haus, wo US-Präsident Barack Obama kurz vor Mitternacht die Nachricht an die Bevölkerung überbracht hatte.

"Das ist der schönste Tag in der US-Geschichte", zitierte CNN die Aussage eines Bürgers. "Wir haben ihn, wir haben ihn", jubelten die Menschen. "Am Ende gibt es doch Gerechtigkeit." Autoschlangen verstopften noch während der Ansprache von Präsident Obama die Zufahrtswege in die Metropole.

Mitarbeit: Johnny Perez