![Eine Illustration einer Frau mit Kopftuch.](https://media.wienerzeitung.at/f/216981/2500x1875/a87666ab3f/wz_podcast_header_fatima_storer.jpg/m/384x288/filters:quality(50))
Im exportorientierten Österreich ist eine globale Geschäftstätigkeit für viele Unternehmen eine Selbstverständlichkeit. Dennoch wirft die interkulturelle Kommunikation in der Praxis oft Probleme auf. In Japan etwa kommt es mehr als in den meisten anderen Ländern darauf an, die landestypischen Verhaltensweisen zu verstehen und die Business-Etikette zu beherrschen, um Geschäftskontakte erfolgreich gestalten zu können.
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"Yokoso" (japanisch: "Willkommen") nennt sich die laufende Kampagne von Tourismuswerbung und Regierung in Japan - und sie kommt zur rechten Zeit. Denn so ausgeprägt Japans Wirtschaft auch international orientiert ist, so gerne Japaner das Ausland - besonders gerne Österreich - bereisen, so wenig ist das Land selbst auf den Besuch von Ausländern vorbereitet.
"Nach Österreich kommen jährlich fast 300.000 Japaner, während nur rund 25.000 Österreicher jährlich nach Japan fahren", rechnet Shinsuke Toda, Direktor an der japanischen Botschaft in Wien, vor. Mit der Yokoso-Kampagne soll das anders werden. Nicht nur der Touristenstrom ins Land der aufgehenden Sonne soll deutlich zunehmen - dafür spricht aktuell der besonders günstige Wechselkurs zum Euro - auch Geschäftsleuten sollen Aufenthalt und Orientierung im Land leichter gemacht werden. "Lost in Translation" soll für Japan möglichst bald nicht mehr gelten.
Der Geschäftsmann als Exot
Heute ist man als Tourist oder kleiner Geschäftstreibender aus dem Westen abseits der größten Sightseeing-Routen immer noch ein Exot. Selbst in Großstädten ist abgesehen von U-Bahnstationen nur wenig in westlichen Lettern angeschrieben, überraschend wenige Passanten sprechen Englisch (und das auch oft kaum verständlich) und selbst auf der Hauptroute des Shinkansen von Tokio nach Osaka horcht man vergeblich auf Informationen in englischer Sprache, die über die Ursache eines unvorhergesehenen, einstündigen Zwischenstopps aufklären.
Während man als Tourist der geringen Ausrichtung auf ausländische Bedürfnisse unter Umständen auch etwas abgewinnen kann (in welchem vielfrequentierten Urlaubsland hat man noch dieses "exotische" Gefühl?!), hat man als Geschäftsreisender kein Bedürfnis nach dieser Art von Herausforderung. Man sucht die rasche und effiziente Abwicklung seines Geschäfts, nach Möglichkeit unter Vermeidung unnötiger Hürden.
Geduld ist gefragt
Schnell geht in Japan anfangs aber gar nichts. "Geschäfte macht man in Japan nur, wenn man von der Vertrauenswürdigkeit seines Partners überzeugt ist und das führt zu langen Vorlaufzeiten", erklärt der österreichische Handelsdelegierten in Tokio, Ernst Laschan, im Gespräch mit der " Wiener Zeitung ". Die intensive persönliche Bearbeitung des Marktes dauere dabei oft zwei bis drei Jahre, wobei sich Mittelsmänner, ein gemeinsamer Geschäftsfreund oder die Außenhandelsstelle in Japan unbedingt empfehlen.
Für einen Gesprächstermin selbst sollte man sich generell viel Zeit nehmen. Erstbesuche sollten durch ein Einführungsschreiben begleitet sein, ein Geschenk empfiehlt sich erst beim zweiten oder dritten Kontakt (Anm.: dann jedoch kein allzu teures, um das Gegenüber nicht in Verlegenheit zu bringen).
Als Grußform ist mittlerweile auch unter Japanern das Händeschütteln akzeptiert, am weitesten verbreitet ist aber nach wie vor die formelle Verbeugung. Nach Begrüßung, Vorstellung und der respektvollen, beidhändigen (!) Überreichung der Visitenkarten (unbedingt auch in japanischer Sprache) beginnen Japaner gerne mit Themen abseits des eigentlichen Geschäfts. Auf diese gilt es einzugehen, ohne allzu persönlich zu werden und damit den Gesprächspartner in Verlegenheit zu bringen.
Für das eigentliche Geschäft empfiehlt Laschan eine professionelle Aufbereitung der Unterlagen, am besten in japanischer Sprache. Bei der Präsentation seien Zurückhaltung und Bescheidenheit angebracht, nicht zu vergessen die Vermeidung eines klaren "Neins" sowie offener Konfrontationen.
Rangordnung beachten
Die Rangordnung der Gesprächspartner spielt bei den meisten Verhandlungen - oft sieht man sich einer ganzen Delegation gegenüber - eine wichtige Rolle. Als Faustregel gilt, dass das ranghöchste japanische Delegationsmitglied mit Blick zur Tür des jeweiligen Raumes, allerdings am weitesten von dieser entfernt sitzt. Zu beachten ist, dass der Sprecher der Delegation oft nicht gleichzeitig der oberste Entscheidungsträger ist.
Grundsätzlich gilt es, mit allen am Tisch zu kommunizieren, meint der Handelsdelegierte, nicht zuletzt, weil die Entscheidungsfindung in Japan von unten nach oben verlaufe. Unternehmensentscheidungen lassen sich auch aus diesem Grund nicht mit Gesprächen auf Präsidialebene erzwingen.
Geduld ist auch im Verlauf der weiteren Geschäftsbeziehungen gefragt. "Japaner denken akribisch darüber nach, was alles bei einem Geschäft passieren könnte", weiß Laschan. Sie stellen Fragen, die einem Unternehmen in Österreich unter Umständen noch nie gestellt wurden, um sich in jeder Hinsicht hundertprozentig auch gegenüber Lieferanten abzusichern.
"Jedenfalls sollte man alle nur möglichen technischen Zertifikate bereit halten", so Laschan. Die japanische Genauigkeit hat Laschan zufolge aber auch gute Seiten: "Denn wenn ein Produkt in Japan angenommen wird, dann gibt es bei der Markteinführung in keinem anderen Land der Welt mehr ein - technisches - Problem."
Läuft das Geschäft mit japanischen Unternehmen, so kann man sich auf seine Partner verlassen. Japanische Unternehmen seien grundsätzlich nicht an einzelnen Abschlüssen interessiert, sondern an langfristigen Beziehungen. Eine Geschäftsverbindung wird laut dem Handelsdelegierten in Japan als ein gegenseitiges Verpflichtungsverhältnis betrachtet.
Karaoke zum Abschluss
Nach einem guten Geschäftsabschluss ist für japanische Gastgeber schließlich nicht nur das gemeinsame Abendessen selbstverständlich. Oft schließt sich daran die Einladung in eine Bar oder in ein Karaokelokal an. Das gemeinsame, öffentliche Singen zählt zu den beliebtesten Abendunterhaltungen der Japaner, und auch österreichische Geschäftspartner tun gut daran, ihren musikalischen Beitrag zu leisten auf.
Für eine Überraschung sorgen aber doch meist die Gastgeber: Japaner können oft deutsche Volkslieder mit sämtlichen Strophen auswendig.
Lesetipp für Business in Japan: http://www.nakohdo.de/nakohdo/lesetipps.htm