Die technischen Details für ein mögliches Abkommen mit dem Iran sind in Sicht, dessen politischer Wille zum Kompromiss aber noch nicht.
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Ungefähr die Hälfte der sechsmonatigen Atomgespräche mit dem Iran ist vorüber und beide Seiten berichten über langsame, stetige Fortschritte - aber noch kein Abkommen. Ein positives Zeichen gilt ein Plan, die Gefahr, die von dem im Bau befindlichen Reaktor in Arak ausgeht, zu verringern. Als ich im Dezember 2013 mit dem iranischen Außenminister Javad Zarif sprach, schien das Abkommen noch an Arak zu scheitern, die Verhandler dürften jedoch eine Win-win-Lösung gefunden haben. Im Journal "Arms Control Today" wurde diese Kompromissformel für Arak skizziert: Demnach soll es mehr um Isotope für medizinische Zwecke gehen und weniger um Plutonium, das für Atomwaffen verwendet werden könnte, wie der Westen fürchtet. "Das Problem ist gelöst", sagte der iranische Chefverhandler Ali Akbar Salehi vergangene Woche: Vereinbart ist, "den Reaktor in Arak neu anzulegen und die Plutoniumproduktion auf ein Fünftel zu reduzieren".
Nach den ersten Gesprächsrunden sehen Regierungsvertreter mehrere interessante Aspekte. So zum Beispiel, dass Russland trotz des Konfrontationskurses von Präsident Wladimir Putin in der Ukraine in der Causa Iran weiterhin eine konstruktive Rolle spielt. Es sieht so aus, als ob Putin wirklich keinen atomar bewaffneten Iran möchte. Die Atomgespräche verschaffen Putin Einfluss, den er nicht aufgeben will.
Der Iran mischt weiterhin seine pragmatische Haltung der Verhandlungen mit scharfer antiwestlicher Rhetorik. So bezeichnete der Oberste Führer Ali Khamenei in seiner Rede zum persischen Neujahr den Holocaust als "ungewiss" und sagte, der Iran habe eine "Widerstandswirtschaft", die den Sanktionen des Westens trotzen könne.
Das heikelste Problem, das bleibt, ist die Begrenzung der iranischen Anreicherung auf das Niveau eines zivilen Atomprogramms. Laut Genfer Abkommen hat der Iran "das Recht auf Atomenergie für friedliche Zwecke", auch auf ein "gemeinsam definiertes Anreicherungsprogramm mit zweckmäßigen Beschränkungen und Transparenzmaßnahmen". Aber was bedeutet das in der Praxis? 19.000 Zentrifugen hat der Iran gegenwärtig: Wie viele davon müssen eingemottet werden?
Robert Einhorn, ehemaliger Experte für Rüstungskontrolle im US-Außenministerium, rechnet vor, dass der Zeitraum, in dem der Iran eine Atombombe herstellen könnte, mit 6000 IR-1-Zentrifugen der neuen Generation nicht wie bisher rund zwei Monate, sondern zwölf Monate betragen würde, mit einem Vorrat von nur 500 Kilo 3,5 Prozent angereichertem Uranium. Würde man die Anzahl der Zentrifugen auf 2000 reduzieren und dem Iran 1500 Kilo 3,5 Prozent angereichertes Material erlauben, könnte sich dieser Zeitraum auf vierzehn Monate ausdehnen.
Die Verhandler werden sich in den kommenden drei Monaten auf solche technischen Überlegungen konzentrieren. Karim Sadjadpour vom Carnegie Endowment for International Peace warnt bereits
zu Recht: "Wie soll man eine technische Lösung finden für einen im Wesentlichen politischen Konflikt?" Die Details für ein mögliches Abkommen sind in Sicht, der Wille des Iran zum Kompromiss aber noch nicht.
Übersetzung: Redaktion