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Zähes Ringen um ein EU-Patent

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Brüssel. Innovationen sind zwar für den wirtschaftlichen Aufschwung unbedingt notwendig. Doch in der EU ist der Schutz von Erfindungen teuer und schlecht durchsetzbar. Und auch die derzeit der EU vorsitzenden Franzosen konnten die seit Jahrzehnten währende Lähmung im Ringen um ein gemeinsames EU-Patent nicht lösen.


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Experten werden von Déjà-Vus gebeutelt: Denn offen sind nach den letzten Verhandlungsrunden vor allem die Frage der notwendigen Übersetzungen der Patente und die Einpassung geplanter Patentgerichte in die EU-Strukturen. Gerade die Sprachenfrage blockiert das Paket seit jeher. Als "Achillesferse der EU-Wettbewerbsfähigkeit" bezeichnete der langjährige österreichische Wirtschaftsminister Martin Bartenstein das erfolglose Ringen ums EU-Patent.

In Diplomatenkreisen wird auch der neuesten internen Frist der EU-Kommission für eine Einigung unter schwedischem EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2009 kaum eine Chance gegeben. Zwar finde inzwischen eine Mehrheit der EU-Länder die slowenische Idee der automatisierten Patentübersetzungen mit Computerprogrammen gut, hieß es. Diese Version wäre sofort nach dem Patentantrag zu Informationszwecken in fast allen EU-Amtssprachen verfügbar.

Der Rechtstitel würde dann in einer der EU-Arbeitssprachen erlassen - also Deutsch, Englisch oder Französisch. Erst bei Gerichtsstreitigkeiten müsste eine präzise und rechtlich verbindliche Version in anderen Sprachen nachgeliefert werden. Aber schon die Erhebung der EU-Arbeitssprachen zu De-Facto-Patentamtssprachen stoße in Spanien, Italien, Portugal und Polen auf heftigen Widerstand, heißt es.

EuGH als letzte Instanz?

Offen bleibt auch, welche Rolle der Europäische Gerichtshof (EuGH) bei Patentstreitigkeiten spielen soll. Denn eigentlich dürfe nur er EU-Recht sprechen und biete sich daher als letzte Instanz an. Gerade Patentrecht sei aber höchst technisch und den obersten EU-Richtern im Detail kaum zuzumuten. Die rechtliche Anpassung des gemeinsamen Patentgerichtssystems an die bestehenden Strukturen sei extrem komplex.

Klar ist immerhin, dass das Europäische Patentamt (EPA) in München die gemeinsamen EU-Patente vergeben soll, falls es sie einmal gibt. Dort funktioniert die maschinelle Übersetzung schon ganz gut. Das EPA ist bisher keine EU-Veranstaltung und vergibt bereits seit 1980 das so genannte Europäische Patent.

Dabei handelt es sich aber lediglich um ein Bündel nationaler Patente, die nach einem einheitlichen Verfahren vergeben werden. Der Erfindungsschutz muss in alle Sprachen jener Länder übersetzt werden, für die er gelten soll. Das treibt den Preis hoch: Ein durchschnittlicher Schutztitel für acht Mitgliedsstaaten kostet mit rund 30.000 Euro gut drei Mal so viel wie in den USA.