Was die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihren Prognosen für das heurige Jahr vorausgesagt haben, scheint sich mit den Jänner-Daten des Arbeitsmarktservice (AMS) zu bestätigen: Die Arbeitslosenquote nimmt weiter zu, obwohl die Konjunktur langsam wieder anzieht - aber eben zu wenig, um den Arbeitsmarkt wirklich in Schwung zu bringen.
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Die Zahl der Jobsuchenden hat im Jänner den Rekordwert von 312.448 Arbeitslosen erreicht. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Zuwachs von 2,9%, gegenüber dem Vormonat Dezember 2003 sind es um 5,2% mehr, gab das AMS gestern die endgültigen Zahlen für Jänner bekannt. Dazu kommen noch 39.335 Personen die in Schulung sind - damit erhöht sich die Zahl der Arbeitslosen auf insgesamt 351.783 Betroffene. Die Arbeitslosenquote betrug im Jänner nach nationaler Berechnung 9,1% gegenüber 8,7% im Dezember und 7,2% im November 2003.
Die Arbeitsmarktexperten von Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und Institut für höhere Studien (IHS) sehen die Arbeitslosenzahlen für Jänner dennoch weniger katastrophal als zuvor. Der Zuwachs sei deutlich geringer als im Dezember, was bereits als erstes Zeichen für eine Erholung gewertet werden könnte. Bereits in ihrer im Dezember präsentierten Konjunkturprognose für 2004 hatten die Forschungsinstitute betont, dass für eine Senkung der Arbeitslosenquote ein höheres Wirtschaftswachstum nötig sei, als die für 2004 prognostizierten 1,7% (Wifo) bzw. 2,1% (IHS).
Einen Anstieg der Arbeitslosigkeit gab es in Wien, Niederösterreich, Vorarlberg, Tirol und Salzburg. Gegenüber dem Vorjahr gesenkt werden konnte die Zahl der Jobsuchenden in der Steiermark, in Kärnten, in Oberösterreich und im Burgenland. In Wien hat sich die Arbeitslosenquote gegenüber dem Jänner 2003 um 10% (1 Prozentpunkt) auf 11,3% erhöht. In einer Studie über die wirtschaftliche Leistungskraft Wiens hat das Wifo vorgerechnete, dass hier erst ein Wirtschaftswachstum von 2% einen Zugewinn an Arbeitsplätzen bringen wird. In Niederösterreich waren Ende Jänner im Jahresvergleich um 2,8% mehr Arbeitslose vorgemerkt. Es entstehen kaum zusätzliche Arbeitsplätze und es sei eine Ausweitung des Angebotes an Arbeitskräften zu erwarten. Dies werde v.a. in Wien und Niederösterreich zu einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit führen, so das AMS NÖ mit.
In der Eurozone lag die Arbeitslosenrate (nach EU-Berechnungsmethode) im Dezember wie im Monat davor bei 8,8%, in der gesamten EU bei 8% (7,9% im November). Österreich hat im EU-Vergleich mit 4,6% die viert-niedrigste Arbeitslosenquote.
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Reaktionen
ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch ... forderte die Bundesregierung dazu auf Änderungen an der geplanten Steuerreform vorzunehmen und beschäftigungswirksame Impulse zu setzen. Er verlangt eine umfassende Lohnsteuerreform, die noch 2004 kleine und mittlere Einkommensbezieher in einem Ausmaß von 2 Mrd. Euro entlastet und zusätzlich 1 Mrd. Euro für die Infrastruktur. Dadurch könnten 30.000 Arbeitsplätze geschaffen werden, so Verzetnitsch.
Wirtschafts- und Finanzstadtrat Sepp Rieder ... begründete den starken Anstieg an Arbeitslosen in Wien mit saisonalen Schwankungen: Der Wintertourismus komme Wien kaum zu Gute, und in der Bauwirtschaft gebe es in der kalten Jahreszeit wenig Arbeit. Er kündigte an, dass Wien im Jahr 2004 insgesamt 56 Mill. Euro in Arbeitsmarkt investieren werde, etwa in eine Budgeterhöhung des Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds (WAFF) um fast 30%.
Die Wiener Grünen ... forderten die Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin Monika Vana führte ins Treffen, dass die Arbeiterkammer keine Beratung für Jobsuchende mehr durchführe: "Arbeitslose Menschen haben dadurch eine kompetente Anlaufstelle für ihre Probleme verloren." Es sei daher Zeit für eine Arbeitslosenanwaltschaft, die fachkundig Arbeit suchenden Menschen mit Rat und Tat zur Hilfe steht.