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Anhebung auf 20 bis 21 Prozent zur Budgetsanierung. | Bankgeheimnis: Berlins Vorgehen "völlig verfehlt". |
§§"Wiener Zeitung": Nach dem Ende der Wirtschaftskrise werden viele Staaten ihr Budget sanieren müssen. Bittet Berlin die Steuerzahler dann verstärkt zur Kasse? * | Johanna Hey: Besorgniserregend ist, dass die Politik keine Antworten gibt, wie die Staatsverschuldung reduziert werden soll.
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Wenn man darüber nachdenkt, wo das Geld herkommt, kann das fast nur durch eine Mehrwertsteuererhöhung geschehen. Das ist fast unausweichlich. Nichts ist so zuverlässig und so schnell gemacht wie eine Mehrwertsteuererhöhung.
Würde man damit nicht den Konsum abwürgen - zulasten der Konjunktur?
Ich denke, dass man von den jetzigen 19 Prozent in Deutschland auf 20 oder vielleicht 21 Prozent hochgeht. Interessanterweise hat sich die kräftige Erhöhung um drei Prozentpunkte im Jahr 2007 nicht gravierend auf den Konsum ausgewirkt. Allerdings ist das schwer vergleichbar, da das in einer Phase der Hochkonjunktur gewesen ist.
Angesichts eines drohenden Defizitverfahrens gilt es jedenfalls, schnell zu handeln. Konsum wandert ebenso wenig ab wie zum Beispiel Grundvermögen. Negative Einflüsse im Steuerwettbewerb mit anderen Staaten wären begrenzt.
Angesichts der Debatte um das Bankgeheimnis könnte man ohnehin glauben, Deutschland will sich durch Machtgehabe aus dem Steuerwettbewerb herausstehlen.
Das versuchen wir schon lange, jetzt ist eben das Thema Steuerhinterziehung im Vordergrund. Alle anderen Flausen hat uns der Europäische Gerichtshof ausgetrieben: Deutschland hat immer versucht, mit solchen Gemeinheiten wie Wegzugssteuern Abwanderung zu verhindern. Mittlerweile ist klar, dass das gegen Europarecht verstößt. Deshalb versteift man sich nun auf Steuerhinterziehung und den Vorwurf der fehlenden Kooperation mancher Nachbarstaaten.
Sie gehören dem wissenschaftlichen Beirat des Finanzministeriums in Berlin an. Haben Sie Minister Peer Steinbrück dazu angeregt, Österreich steuerrechtlich auf eine Ebene mit Burkina Faso zu stellen?
Das kommt definitiv nicht von uns und war natürlich auch sehr unklug. Freilich gibt es Staaten wie Liechtenstein, Luxemburg und - teilweise - die Schweiz sowie Österreich, die einen Wettbewerbsvorteil daraus beziehen, dass sie weniger kooperieren und damit die Möglichkeiten der Steuerhinterziehung eröffnen. Die Frage ist, wie man darauf antwortet. Generell ist die Angelegenheit mit wenig Fingerspitzengefühl angepackt worden.
Berlin plant nun ein Gesetz, das deutschen Unternehmen Nachteile bringt, wenn sie Geschäfte in Staaten machen, die beim Bankgeheimnis nicht kooperieren.
Das ist typisch für Deutschland: Es wird mit einer geballten Ladung auf dieses Thema geschossen. Kommt dieses Gesetz, können betroffene Unternehmen Betriebsausgaben nicht mehr abziehen. Man nimmt den Steuerpflichtigen in Geiselhaft und hofft, dass daraufhin die Staaten kooperationsbereiter werden. Das halte ich für einen völlig verfehlten Weg. Deutschland sollte besser auf eine Änderung der bestehenden EU-Regeln drängen.
Im Unterschied zu Österreich hat die Bundesrepublik nach verfassungsrechtlicher Kritik die Erbschaftssteuer reformiert und nicht abgeschafft. War das die bessere Lösung?
Man hat mit dieser Steuer viel Ärger und wenig Aufkommen. Ich bin nicht grundsätzlich gegen eine Erbschaftssteuer, aber das, was hier herausgekommen ist, ist ein Monster. Es sind von vornherein so viele Ausnahmen festgelegt worden, dass jene, die nicht darunter fallen, brutal hohe Steuersätze hinnehmen müssen. Sonst gäbe es überhaupt kein Aufkommen. Jene, die es trifft, trifft es also massiv.
Im Zuge der Finanzkrise wird heftig über Steuergerechtigkeit debattiert. In Österreich dreht sich die Diskussion dabei hauptsächlich um eine Vermögenszuwachssteuer auf Aktiengewinne.
In Deutschland werden Gewinne aus Aktienverkäufen bereits besteuert: Im Zuge einer Unternehmenssteuerreform hat man sang- und klanglos mit Jahresbeginn 2009 eine Abgeltungssteuer eingeführt, die auch bei Aktienveräußerungen zum Tragen kommt. Diese wird sehr restriktiv gehandhabt: Aktienverluste können nur gegen Aktiengewinne und nicht gegen andere Einkunftsarten steuerlich gegengerechnet werden - eine Regelung, die möglicherweise nicht verfassungskonform ist. Grund für das Ausbleiben großer politischer Widerstände dürfte eine großzügige Übergangsregelung sein. Darüber hinaus ist die 25-prozentige Abgeltungssteuer deutlich niedriger als die generelle Einkommensteuer.
Zur PersonJohanna Hey wurde 1970 in Hamburg geboren. Von 2002 bis 2006 war sie Professorin für Unternehmenssteuerrecht an der Universität Düsseldorf, seit 2006 ist sie Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität Köln.
Hey gilt als eine der renommiertesten Steuerexpertinnen Deutschlands. Seit 2006 ist sie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums in Berlin und Vizepräsidentin des Deutschen Hochschulverbands. Diese Woche nahm sie auf Einladung des Management Clubs an einer Diskussionsveranstaltung in Wien teil.