Kreml will Zwei-Milliarden-Dollar-Anleihe in Rubel zurückzahlen, Markt würde das aber als Zahlungsausfall werten.
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Trotz der eingefrorenen Finanzreserven im Ausland ist die Regierung in Moskau ihren Zahlungsverpflichtungen bei den Staatsschulden bisher nachgekommen. In den vergangenen Wochen ging es da zunächst um Anleihezinsen, die Russland allesamt auszahlen konnte. Doch jetzt hat Putins Imperium bereits den nächsten, weit größeren Test zu absolvieren - nämlich die Rückzahlung einer am Montag fällig gewordenen Fremdwährungsanleihe im Volumen von zwei Milliarden US-Dollar, umgerechnet 1,8 Milliarden Euro. Für Russland ist es die größte Schuldentilgung dieses Jahres.
Ob und wie Moskau den Betrag retournieren würde, war bei Redaktionsschluss am späten Nachmittag vorerst noch unklar. Binnen zwei Tagen, bis Mittwoch also, müsste den in- und ausländischen Investoren der Anleihe ihr jeweils veranlagtes Geld jedenfalls gutgeschrieben sein, hieß es bei Bankanalysten.
Finanzminister Anton Siluanow hatte zuletzt angekündigt, dass die Rückzahlung des Bonds statt in US-Dollar in der Landeswährung Rubel erfolgen solle. Wird in einer anderen Währung als vereinbart zurückgezahlt, wäre das jedoch ein Verstoß gegen die Anleihebedingungen und damit als Zahlungsausfall zu werten, wie in der Finanzmarktbranche zu hören ist. Das wäre der erste Zahlungsausfall seit der Russischen Revolution 1917, als die Bolschewiken Schulden aus der Zarenzeit nicht anerkannt hatten.
Siluanow verteidigte den umstrittenen Rubel-Vorstoß. Damit werde eine Diskriminierung russischer Gläubiger verhindert, betonte er vor wenigen Tagen. Deren Zahlungen seien beim Abwicklungshaus Euroclear wegen der westlichen Sanktionen schließlich eingefroren. Einem von der britischen Nachrichtenagentur Reuters zitierten Insider zufolge ist ein Großteil der Investoren des Zwei-Milliarden-Dollar-Bonds aus Russland.
Nur noch Ramsch-Status
Das Angebot des russischen Finanzministeriums, die Anleiheschuld in Rubel zu tilgen, folgte auf die Verschärfung der westlichen Sanktionen wegen der Invasion in der Ukraine. Was nun geschieht, wenn die Gläubiger das Offert ablehnen sollten, ließ der Kreml zuletzt offen.
Der Anteil der internationalen Investoren am Volumen der Anleihe ist indes unbekannt. Laut Daten des US-Finanzdienstleisters Refinitiv zählten bis vor Kurzem noch große Asset-Manager wie Blackrock, Axa, Morgan Stanley Investment Management und Brandywine zu den Inhabern des russischen Papiers. Ob die ausländischen Anleger auf eine Rückzahlung in Dollar pochen oder nicht, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich hätte Russland die Möglichkeit, die Anleihe in der vereinbarten Währung zu tilgen. Zumal das US-Finanzministerium der Regierung in Moskau bis 25. Mai zugestanden hat, bestehende Finanzreserven abrufen zu können, um Schulden bei den internationalen Gläubigern bedienen zu können. Danach ist das nicht mehr möglich.
Russland ist im Ausland mit fast einer halben Billion Dollar verschuldet. Die Verbindlichkeiten von Staat und Firmen summierten sich zu Jahresbeginn auf 480 Milliarden Dollar. Die Auslandsverschuldung Russlands ist zuletzt zunehmend in den Fokus gerückt, nachdem das Sanktionsregime des Westens Moskau von wichtigen Teilen des globalen Finanzsystems isoliert hat. Die Ratingagenturen haben die Bewertung von Russlands Bonität bereits tief in den Ramsch-Bereich gedrückt. Damit wird eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit signalisiert.